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Grundsätzliches

Bewegung im Wasser fördert Kraft und Vitalität: Aquasport und -therapie bieten zahlreiche Möglichkeiten für Menschen mit MS.

Sind Sie gern im Wasser? Für viele Menschen ist das nasse Element ein Ort der Entspannung und Lebensfreude. Im Wasser empfindet der Mensch ein Gefühl der Schwerelosigkeit. Weich und fließend umspielt es den Körper und bietet in Zeiten von großer Anspannung oder Belastung einen wirkungsvollen Ausgleich. Das gilt auch ganz besonders für Menschen mit MS, denn im Wasser gehen Dinge, die an Land so nicht möglich sind: Wasser- oder Aquasport verbessert bei MS-Erkrankten nachweislich Mobilität, Beweglichkeit, Koordination und Ausdauer. Die Gelenke werden geschont, da der Körper im Wasser vom Eigengewicht entlastet ist. Der Wasserwiderstand trainiert die Muskelkraft, und der erhöhte Druck des Wassers wirkt sich positiv auf die Leistung der Atmungsorgane, des Herzens und der Gefäße aus. Zudem wird der Gleichgewichtssinn geschult, weil man sich ohne Angst vor dem Fallen bewegen kann. Der Wasserauftrieb erleichtert Bewegungen, sodass oft Gehen möglich wird, auch wenn es an Land nicht oder nur mit Hilfsmittel klappt.

Ob Schwimmen, Aquafitness oder Tauchen – Menschen mit MS können und dürfen sich sportlich fordern. Viele Ängste vor dem Aufenthalt im Wasser entpuppen sich bei guter Information als unbegründet. Im Gegenteil: Wasser kann MS-Symptome lindern. MS-Erkrankte, die unter dem Uhthoff-Phänomen leiden, sollten darauf achten, dass das Wasser nicht zu warm ist, weil eine höhere Wassertemperatur die MS-Symptome kurzfristig verstärkt. Bei Erkrankten, die von Spastik betroffen sind, kann kühleres Wasser zu einer zeitweisen Verstärkung der Spastik führen. Wichtig zu wissen ist, dass beide Phänomene vorübergehend und ungefährlich sind und keine bleibenden Symptome verursachen oder schubauslösend sind. MS-Erkrankte mit starken Bewegungseinschränkungen können in ausgesuchten Bädern mit einem Lifter ins Wasser gelassen werden. Für Erkrankte mit Inkontinenz bieten Sanitätshäuser spezielle Bademoden an. Ist die MS-Symptomatik stark ausgeprägt, bietet die Wassertherapie viele Vorteile.

Beide Bereiche – den Sport und die Therapie – wollen wir Ihnen anhand von Beispielen in dieser Broschüre vorstellen. Als Teil der Reihe "Sport und Bewegung für Menschen mit MS" zeigt die Broschüre, dass MS-Erkrankte Wassersportarten ausüben und mit regelmäßigem Training nachhaltige Erfolge erzielen können. Die Auswahl hängt sowohl von den persönlichen Vorlieben als auch vom Gesundheitszustand ab. Wer sich für den Wassersport entscheidet, wird bis ins hohe Alter die positiven Effekte spüren und eine neue Bereicherung der Lebensqualität erleben können.

Schwimmen steigert Kondition und Lebensfreude. Die gleichmäßige Bewegung im Wasser kräftigt den Körper und ist wie ein kleiner Urlaub.

Neben Schlaf und Entspannung brauchen Gesunde wie chronisch Erkrankte Bewegung, um sich wohlzufühlen. Sportliche Betätigung, die dem individuellen Leistungsvermögen angepasst ist, wirkt sich positiv auf Geist und Körper aus. Klinische Studien haben gezeigt, dass bei Menschen, die an Multipler Sklerose erkrankt sind, regelmäßiges Training MS-typische Symptome deutlich verringern kann: Mobilitäts-, Ausdauer- und Koordinationsstörungen verringern sich, auch Fatigue und Depressionen können gelindert werden. Ausdauersportarten wie Schwimmen haben sich in diesem Zusammenhang als besonders geeignet erwiesen, weil sie die Kondition steigern und somit auch mehr Kraft und Sicherheit für die Bewältigung des Alltags ermöglichen. Ein wichtiger Aspekt ist zudem die soziale Komponente von Sport. Bewegung gemeinsam mit anderen macht Spaß und motiviert.

Schwimmen aktiviert den ganzen Körper

Wer sich im Wasser schwimmend fortbewegt, aktiviert den ganzen Körper. Das Wasser ist der Trainingspartner und ermöglicht eine sanfte körperliche Betätigung, die das Herz-Kreislauf-System anregt, ohne zu überfordern. Schwimmen kräftigt die Muskulatur und entlastet besonders beanspruchte und schmerzende Körperregionen.
Der Auftrieb reduziert das Körpergewicht auf ein Zehntel, sodass Wirbelsäule und Gelenke deutlich leichter bewegt werden können. Die unterschiedlichen Temperaturreize fördern Durchblutung und Stoffwechsel und stärken die Immunabwehr. Dazu kommt eine psychologische Komponente: Die scheinbare Schwerelosigkeit im Wasser erzeugt ein Gefühl von Leichtigkeit und Unbeschwertheit. Schwimmen hebt die Laune, entspannt, baut Stress ab und schafft Freude – fast wie ein kleiner Urlaub. Schwimmen ist eine ideale Sportart für Menschen mit MS, denn die Bewegungen fallen im Wasser leichter als an Land und das kühle Wasser verhindert das bei sportlicher Überhitzung häufig auftretende Uhthoff-Phänomen.

Eine Schwimmhalle, Badekleidung, eventuell eine Schwimmbrille – mehr braucht es nicht für ein effektives Ganzkörpertraining. Der Übergang von der entspannenden Bewegung im Wasser hin zum sportlichen Training mit Tempo, Kraft sowie spezieller Atemtechnik ist dabei oft fließend. Generell gilt, dass MS-Erkrankte ihre Leistungsgrenze ausloten und gegebenenfalls auch einmal überschreiten dürfen, um ein Gefühl für diese individuelle Grenze zu bekommen. Fordern Sie sich und ruhen Sie sich danach eher etwas länger aus, als Anstrengung ganz zu vermeiden.

Wählen Sie den Schwimmstil, mit dem Sie sich wohlfühlen

Kraulschwimmen und Rückenschwimmen sind in der Regel gelenkschonender als Brustschwimmen, aber die Mehrzahl der Schwimmer ist mit dem Bruststil am vertrautesten. Häufig halten sie jedoch den Kopf beim Schwimmen hoch, was gelegentlich zu Verspannungen im Nacken führen kann. Dennoch überwiegen selbst bei nicht optimaler Schwimmtechnik langfristig die positiven Effekte für den Körper. MS-Erkrankte sollten den Stil wählen, den sie gut beherrschen und mit dem sie sich wohl fühlen. Eventuell können sie zwischendurch Lockerungsübungen für den Nacken am Beckenrand machen oder – wenn möglich – zur Abwechslung eine Bahn im Rückenstil schwimmen. Wer generell das Brustschwimmen bevorzugt, sollte versuchen, folgende Punkte zu beherzigen.

Tipps für richtiges Brustschwimmen:

  • Liegen Sie möglichst flach im Wasser.
  • Halten Sie den Kopf in Verlängerung der Wirbelsäule.
  • Atmen Sie mit dem Mund ins Wasser aus und heben Sie den Kopf zum Einatmen anschließend wieder an.

Der Wasserwiderstand kräftigt die Muskulatur

Bei MS-Erkrankten sind die Beine besonders häufig von Schwäche betroffen. Diese können im Wasser gezielt trainiert werden. Das Schwimmen schafft einen sinnvollen Ausgleich, denn es kräftigt Schultergürtel, Arm- und Rumpfmuskulatur. Dies ist besonders wichtig, wenn die Beine nicht mehr aktiviert werden können. Denn dann braucht man vermehrt die Arme und die Schultergürtelmuskulatur für den Alltag. Der Wasserwiderstand wirkt dabei wie ein Trainingsgerät. Bewegungseinschränkungen kann der Schwimmer auch mit Hilfsmitteln kompensieren. So ist folgende Kombination möglich: Schwimmstil mit den Armen und Stützen der Beine durch eine Schwimmnudel oder Schwimmflügel. Häufig können Betroffene den Paddelstil noch sehr gut ausführen, auch wenn die Beine an Land stark in ihrer Funktion eingeschränkt sind.

Regelmäßiges Schwimmen hält bis ins hohe Alter fit

Wer regelmäßig schwimmt, kann seine Ausdauer und Koordination fördern. Der Schwimmsport kann bis ins hohe Alter betrieben werden und eignet sich auch für Menschen mit Übergewicht. Bei starker Bewegungseinschränkung empfiehlt sich häufig eher eine Wassertherapie, bei der der Therapeut individuell auf die Symptome des MS-Erkrankten eingehen kann. In Anlehnung an die Empfehlung für Gesunde sollten MS-Erkrankte mindestens zwei- bis dreimal wöchentlich etwa eine halbe Stunde trainieren.

Beim Uhthoff-Phänomen auf die Wassertemperatur achten

Etwa zwei Drittel aller MS-Erkrankten sind vom Uhthoff-Phänomen betroffen, das heißt sie erfahren eine vorübergehende Verschlechterung ihrer Symptome unter Wärmeeinfluss. Bei erhöhter Umgebungs- oder Körpertemperatur verringert sich die Leitfähigkeit in den von Multiple Sklerose betroffenen Abschnitten des Zentralnervensystems und verursacht eine Verstärkung neurologischer Symptome. Plötzlich fühlen sich die Betroffenen schlapp und geschwächt, Lähmungen, Spastik und Sehverschlechterung können zunehmen. Das muss kein Grund zur Beunruhigung sein, denn die Symptome sind vorübergehend und bilden sich nach einem Absenken der Temperatur wieder zurück. Das Uhthoff-Phänomen darf nicht mit einem Schub verwechselt werden. Das stärkere Auftreten von Symptomen schädigt das Nervensystem nicht. MS-Erkrankte, bei denen das Uhthoff-Phänomen schon einmal aufgetreten ist, sollten sich nach der Wassertemperatur des Schwimmbades erkundigen, bevor sie mit dem Wassersport beginnen. In der Regel liegt die Temperatur in öffentlichen Freizeitbädern niedriger als beispielsweise in Thermal- oder Wellnessbädern. Generell wird eine Wassertemperatur um die 24 °C empfohlen (Studie von Mertin und Vaney 1999). Jeder MS-Erkrankte sollte ausloten, welche Wassertemperatur für ihn persönlich angenehm ist und welche Wassersportarten beziehungsweise Therapien in dem entsprechenden Temperaturbereich möglich sind. Das gilt besonders für jene Angebote in Bädern mit körperwarmem Wasser.

Kühles Wasser kann kurzfristig die Spastik verstärken

Bei kühlem Wasser erhöht sich der Muskeltonus (der Spannungszustand der Muskulatur), die Beine können steif werden, zucken und die Spastik kann sich verstärken. Auch hier sollten die Betroffenen nicht erschrecken, denn es handelt sich um einen vorübergehenden Akklimatisierungsprozess im Wasser.

Symptome können sich bei kaltem Wasser kurzfristig verringen

Kaltes Wasser kann die Nervenleitgeschwindigkeit erhöhen und zur vorübergehenden Linderung der Symptome beitragen. So berichten Patienten nach kalten Duschen oder auch Eisbädern (werden teilweise in Kliniken durchgeführt) von deutlichen Verbesserungen der Gehfähigkeit oder des Sehens.

"Goldene Regeln" für den Wassersport

  • Trainieren Sie regelmäßig: zwei bis dreimal wöchentlich circa eine halbe Stunde (gerne auch mehr).
  • Sorgen Sie für ausreichende Nach-Ruhe.
  • Achten Sie auf die Wassertemperatur, wenn Sie vom Uhthoff-Phänomen betroffen sind.
  • Gehen Sie nicht allein ins Wasser, wenn Sie unter starken körperlichen Einschränkungen leiden.
  • Schwimmen Sie in offenen Gewässern nie zu weit vom Ufer weg, da Fatigue/Erschöpfung auftreten kann.
  • Suchen Sie Ihre Leistungsgrenze und legen Sie bei Bedarf Pausen ein.
  • Trinken Sie ausreichend.

Das Halliwick-Konzept ist für MS-Erkrankte mit starker Symptomatik geeignet. Sie können im Wasser Bewegung anders erleben und ausüben als an Land.

Wer bis zum Schultergürtel ins Wasser eingetaucht ist, muss nur noch zehn Prozent seines Eigengewichts tragen. Auftriebskraft, hydrostatischer Druck und Strömungseffekte beeinflussen positiv das Gleichgewichtsverhalten, den Spannungszustand der Muskulatur (Tonus) und das Herz-Kreislauf-System. Für langsame Bewegungen im Wasser bedarf es geringerer Muskelspannung; Spastik kann sich durch die Auftriebskraft reduzieren. Besonders bei Ataxie, Muskelschwäche oder Gangstörungen können MS-Erkrankte Bewegung und Haltung im Wasser trainieren. Die Trägheit des Wassers erlaubt mehr Zeit zum Reagieren. Es besteht keine Sturzgefahr, sodass Bewegungsfehler leichter korrigiert werden können. Das steigert das Selbstvertrauen und erhöht die Motivation für das Training.
Im Wasser können funktionelle Bewegungsabläufe bereits in der frühen Phase der Rehabilitation und mit mehr Wiederholungen geübt werden und sind anschließend in die Schwerkraftsituation an Land übertragbar. Speziell ausgebildete Physiotherapeuten nutzen bei der Wassertherapie nach Halliwick die spezifischen Eigenschaften des Wassers, um MS-Erkrankte zu fördern und in der Bewegung zu aktivieren.

Halliwick ist eine aktive Therapie, die fördert und fordert

Das Halliwick-Konzept geht auf den Briten James McMillan zurück. Er gab in den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts an der Londoner Halliwick-Schule körperbehinderten Mädchen Schwimmunterricht, indem er besonders ihre Körperstabilität im Wasser trainierte. Die Mädchen entwickelten sich in der Folge motorisch und kognitiv deutlich besser als jene, die keinen Schwimmunterricht erhalten hatten. McMillan legte mit seiner Schwimmmethode den Grundstein zur späteren therapeutischen Weiterentwicklung des Halliwick-Konzepts zu einer Therapieform, die die grundlegenden spezifischen Eigenschaften des Wassers nutzt und unzählige Problemlösungsansätze von Erkrankten verlangt.
Halliwick ist eine aktive Therapie, die dem Erhalt oder Wiedererlangen von Fähigkeiten, zum Beispiel der Sitzstabilität oder der Sturzprävention, dient. Einzelne Muskelgruppen können trainiert und in ihrer Ausdauerleistung verbessert werden. Dabei kann der Therapeut gezielt auf die spezielle Symptomatik eines jeden MS-Erkrankten eingehen und seine Vorgehensweise individuell anpassen. Er unterstützt den Menschen dabei jeweils nur so viel, wie er benötigt, um sich sicher zu fühlen.

Mit dem Therapeuten zu mehr Eigenständigkeit im Wasser

Der Therapeut führt im Laufe der Behandlung den MS-Erkrankten durch drei Phasen:

1. Die geistige Anpassung an das Wasser:

Ziel ist es, sich selbstständig und ohne Angst im Wasser bewegen und gezielt reagieren zu können sowie die Atmung unter Kontrolle zu haben.
Der Therapeut unterstützt bei der Körper-Kopf-Kontrolle. Die Bewegungen finden zunächst in der aufrechten Position statt und können zum Beispiel mit Rhythmus kombiniert werden. Der Therapeut passt seine Unterstützung individuell den Bedürfnissen des MS-Erkrankten an und baut die Unterstützung schrittweise ab.

2. Die Gleichgewichtskontrolle:

Hierdurch sollen Positionen im Wasser über den Rumpf kontrolliert und gehalten werden können. Dazu gehört das Drehen im Wasser, das Halten des Gleichgewichts in Rückenlage und das ruhige Gleiten bei Turbulenzen im Wasser.
Im Wasser muss der nach oben wirkende Auftrieb gegen die nach unten wirkende Schwerkraft austariert werden, um eine Drehung des Körpers zu vermeiden. Diese physikalisch bedingten Rotationen nutzt die Halliwick®-Therapie zur Behandlung von Defiziten im Bewegungsapparat. Der Therapeut unterstützt den Erkrankten bei Drehungen um verschiedene Achsen und beim Einnehmen der Rückenlage. Er nutzt gezielt Strömungs- und Auftriebseffekte des Wassers, um das Gleichgewicht des Betroffenen zu stören und ihn zu einer Gleichgewichtsanpassung herauszufordern.

3. Die Fortbewegung:

Ziel ist es, allein im Wasser zurechtzukommen und elementare Schwimmfertigkeiten zu erwerben.
Der Auftriebseffekt bewirkt, dass der Mensch sich frei von Hilfsmitteln im Wasser aufhalten kann. Dieses hat einen wichtigen psychologischen Effekt: Der Betroffene lernt, dass er sich in jeder Situation im Wasser sicher bewegen kann. Verfügt er über eine gute Haltungskontrolle, hilft ihm der Therapeut, in Rückenlage mit Hilfe von symmetrischen Handbewegungen zu einer Fortbewegung zu kommen.

Halliwick fördert Selbstvertrauen und Motivation im Alltag

Der Ansatz des Halliwick-Konzepts ist umfassend: Funktion, Aktivität und Teilhabe werden gefördert. Der MS-Erkrankte setzt sich individuelle Ziele und auf diese kann er hinarbeiten. Je nach Schwere und Symptomatik der Erkrankung kann es zum Beispiel ein Ziel sein, das Schwimmen oder das Gehen neu zu erlernen und wieder ein öffentliches Bad zu besuchen. Die Halliwick®-Therapie stärkt das Selbstvertrauen, weil viele MS-Erkrankte merken, dass sie verloren gegangene Fähigkeiten wiedererlangen. Das steigert die Motivation, weiter zu trainieren. Der Ein- und Ausstieg aus dem Becken sowie das Duschen und Anziehen sind Alltagsfertigkeiten, die automatisch mit geübt werden. Der Therapeut begleitet den Schritt zurück in das normale Leben und hilft Aktivitäten außerhalb der Therapien zu fördern.
Wer sich für die Halliwick®-Therapie interessiert, sollte in großen Reha-Zentren nachfragen, ob dort ambulante Therapien angeboten werden. Die häufigste Anwendung ist derzeit allerdings noch im stationären Bereich.

Die Halliwick®-Therapie

  • verbessert Kraft, Koordination und Beweglichkeit,
  • fördert und aktiviert die eigenständige Bewegung,
  • motiviert und gibt Sicherheit für den Alltag.

Ein ganz wichtiger Faktor beim Sport ist der Spaß. Nur wer eine Sportart ausübt, die zu ihm passt, wird langfristig Freude haben und damit auch Erfolge erzielen.

Dabei ist mit Erfolg nicht unbedingt eine gute Wettkampfleistung gemeint, sondern vielmehr die positive Wirkung, die bei MS-Erkrankten besonders in einem guten Körpergefühl, einer Verringerung von Fatigue im Alltag und einer Kräftigung der geschwächten Muskulatur zum Ausdruck kommen kann. Bei der Fülle der Angebote, die es allein im Bereich Wassersport gibt, heißt das Motto deshalb: ausprobieren! Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob eher das gleichmäßige Schwimmen von Bahnen, Aerobic im Wasser oder Tauchen in offenen Gewässern für Sie das Richtige ist, probieren Sie einfach verschiedene Dinge aus. Die meisten Vereine, Fitnessstudios und Bäder bieten heutzutage Schnupperstunden für Interessierte an.

Aqua-Fitness trainiert, entspannt und macht Spaß

Wer gerne in der Gruppe trainiert und Bewegung nach Musik genießt, könnte bei der Aqua-Fitness gut aufgehoben sein. Unter diesen Begriff fallen eine Reihe von Wassersportarten, die meist in hüft- oder brusttiefem Wasser ausgeübt werden. Dabei gilt, je tiefer das Wasser, desto anstrengender die Bewegungen, die sowohl zum Training als auch zur Steigerung der Fitness geeignet sind. Die besonderen Eigenschaften des Wassers kommen allen zugute. Die vorbeugende Wirkung von Aqua-Fitness bei Rückenproblemen und Herz-Kreislauf-Beschwerden ist nachgewiesen und viele Krankenkassen erkennen es als Gesundheitsvorsorge an. Aqua-Fitness bietet Stretching, Krafttraining, Konditionstraining und Entspannung in einem und ist gerade für MS-Erkrankte ein hervorragendes Training. Selbst das Gleichgewicht kann gefahrlos trainiert werden, und der Körper wird leistungsfähiger, was sich wiederum in verbesserten Alltagaktivitäten zeigt. Im Folgenden stellen wir Ihnen exemplarisch drei Sportarten aus der Aqua-Fitness vor.

Fitness im Wasser

  • massiert den Körper und fördert die Durchblutung,
  • vermindert die Belastung von Sehnen und Gelenken,
  • fördert die Ausdauer und kräftigt die Muskulatur,
  • trainiert das Gleichgewicht,
  • steigert den Energieverbrauch des Körpers und regt den Stoffwechsel an.

Aqua-Jogging

Das Laufen im Wasser – ist ein effektives Training für das Herz-Kreislaufsystem, die Ausdauer und zur Kräftigung der Muskulatur.

Ein Schwimmgürtel oder eine Schwimmweste helfen, den Körper aufrecht im Wasser zu halten und die Laufbewegung ohne Bodenkontakt auszuführen. So kann gerade ein MS-Erkrankter gezielt das Gehen trainieren. Richtig gute Laune macht das schwerelose Joggen in der Gruppe bei schwungvoller Musik.

Je höher der Wasserwiderstand beim Aqua-Jogging ist, desto stärker ist der Trainings- und Kräftigungseffekt, der durch das Tempo der Bewegung gesteuert und dosiert werden kann. Bei schneller Bewegung nimmt der Wasserwiderstand zu, die Muskulatur muss mehr arbeiten und kräftigt sich. Besonders für Erkrankte mit Koordinationsstörungen kann ein etwas höheres Tempo leichter umzusetzen sein, weil der Wasserwiderstand gleichzeitig wie ein Führungswiderstand wirkt. Die langsame Bewegung dagegen erfordert mehr Koordination und kann beispielsweise gezielt zum Trainieren des Gangmusters eingesetzt werden.
Neben der Herz-Kreislaufaktivierung spielt also der Kräftigungsaspekt durch den Wasserwiderstand eine entscheidende Rolle.

Wasser kann auch bei zwei weiteren Hauptsymptomen der MS helfen: Spastik und Ataxie.

Spastik und Schwäche hängen nach dem heutigen medizinischen Stand eng zusammen; das bedeutet, dass bei jeder Aktivierung beziehungsweise Kräftigung gleichzeitig eine Reduktion der Spastik erfolgt. Bei Ataxie verbessert der Wasserdruck die Propriozeption – die Wahrnehmung von Körperbewegung – sodass Betroffene sich oft koordinierter bewegen können. Aqua-Jogging fördert somit insgesamt das Bewusstsein für den eigenen Körper, seine Bewegungsabläufe und die Konzentration.

Die optimale Trainingsdauer liegt bei 30 bis 45 Minuten zwei- bis dreimal die Woche. Gerne auch mehr! Eine Trainingseinheit ist in verschiedene Phasen eingeteilt. Zunächst soll sich der Körper an das Wasser gewöhnen und die richtige aufrechte Haltung einnehmen. Dann wird die Laufbewegung geübt, die sich durch einen höheren Knieeinsatz und eine Betonung des rückwärtigen Beinschwungs vom Laufen an Land unterscheiden kann. Darüber hinaus können unterschiedliche Schrittarten wie Trippelschritte, Dauerlaufschritte oder Walkingschritte in wechselndem Tempo Teil des Programms sein. Pausen können individuell eingebaut werden.

Wer sich für das Aqua-Jogging interessiert, kann sich von einem Trainer in die Übungen einweisen lassen oder einen Kurs besuchen.

Aqua-Gymnastik

Die Gymnastik im Wasser nutzt dieselben Qualitäten des Wassers wie das Aqua-Jogging: den Auftrieb und den Wasserwiderstand.

Auch hier geht es um die Themen Mobilisation, Kräftigung, Herz-Kreislauftraining, Koordination. Allerdings kommt noch ein weiterer Aspekt hinzu: Mit einer großen Bandbreite an Übungen können geschwächte Muskeln ganz gezielt trainiert, aber auch gedehnt werden, etwa Bein- und Rumpfmuskulatur. Dabei sollte man beachten, dass hauptsächlich die Muskelgruppen trainiert werden, die unter Wasser liegen. MS-Erkrankte können speziell ihr Gangmuster und die Ausdauer verbessern. Hilfsmittel wie die Schwimmnudel ermöglichen zum Beispiel Bewegungen, die an Land nicht möglich wären.

Übungen fallen im Wasser leichter als an Land, aber sind sehr effektiv

Alle Übungen der Aqua-Gymnastik können mit weniger Kraft häufiger ausgeführt werden als an Land. Bei gleicher Anstrengung ist zudem die Fettverbrennung höher. Der Wasserdruck massiert Haut und Muskeln, fördert die Durchblutung und verhindert einen Muskelkater. Auch wenn MS-Erkrankte die Anstrengung im Wasser weniger wahrnehmen, ist es dennoch ein effektiver Sport. Für Einsteiger ist eine Einweisung durch einen geschulten Trainer sinnvoll. Die Aqua-Gymnastik bedient sich nach Bedarf zahlreicher Trainingsgeräte wie Schwimmnudeln, Schwimmteller, Wasserhanteln und Paddles - eine Art überdimensionierte Handschuhe.
Diese Hilfsmittel können zum einen dazu genutzt werden, den Wasserwiderstand zu erhöhen, um somit einen größeren Kräftigungseffekt zu erreichen, als auch zur Entlastung einzelner Körperregionen wie zum Beispiel beim Einhängen des Oberkörpers in die Schwimmnudel.

Die Aqua-Gymnastik macht vor allem in der Gruppe viel Spaß, weil sie durch Musikuntermalung oder Spiele im Wasser den sozialen Aspekt des Sports und das Vergnügen in den Vordergrund stellen kann.

Wir stellen Ihnen eine Auswahl an Übungen vor. Jede sollte etwa 20 bis 30 Mal wiederholt werden. Nach einer kurzen Pause kann dann ein zweiter Durchlauf erfolgen:

  • Marschieren Sie im Wasser für zwei bis drei Minuten zum Lockern.
  • Legen Sie mit dem Gesicht zum Beckenrand die Unterarme dort auf und paddeln Sie schnell mit den Beinen.
  • Hängen Sie auf dem Rücken liegend den Oberkörper in eine Schwimmnudel, ziehen Sie die Beine an und strecken Sie sie wieder weg.
  • Stellen Sie sich in der Grätsche in Schrittstellung und dehnen Sie die Innenseite der Oberschenkel.
  • Legen Sie sich mit Schultern und Armen auf die Schwimmnudel, strecken Sie den Körper lang aus und drehen Sie die Hüfte nach links und rechts.
  • Schwingen Sie das gestreckte Bein im Stehen vor und zurück oder in Form einer Acht.
  • Bewegen Sie im Stehen die Knie abwechselnd schnell nach oben.
  • Gehen Sie auf den Fersen.

Aqua-Cycling

Wer individuelles Training innerhalb einer Gruppe sucht, der sollte Aqua-Cycling ausprobieren.

Das vielseitige Programm auf dem Wasserfahrrad fördert Ausdauer, Kraft, Koordination und Beweglichkeit bei einer geringen Stoß- und Druckbelastung der Gelenke und der Wirbelsäule. Es bietet viel Spaß in der Gruppe durch mitreißende Musik und große Abwechslung. Aqua-Cycling bietet sich für Menschen mit und ohne Behinderungen an und eignet sich besonders für MS-Erkrankte, die sich sowohl gerne im Wasser aufhalten als auch gerne Rad fahren oder gefahren sind.
Das Training findet auf einem speziell für den Einsatz im Wasser konstruierten Fahrrad statt, das im Nichtschwimmerbereich in etwa 135 cm Wassertiefe steht. Die Übungen sind vergleichbar mit denen des Indoor-Cycling im Fitness-Studio; allerdings werden durch die bekannten Vorzüge des Wassers neben den Beinen nahezu alle Muskelgruppen des Körpers einbezogen. Speziell ausgebildete Trainer vermitteln die Bewegungsabläufe, die in der Regel leicht zu erlernen sind. MS-Erkrankte, die gerne Fahrrad fahren, aber an Land Schwierigkeiten mit dem Gleichgewicht haben, können hier die Freude am Radsport neu entdecken, weil das Fahrrad sicher im Wasser steht.

Bestimmen Sie selbst, wie viel Sie sich zumuten können und wollen

In unterschiedlichen Fahrpositionen kräftigt das Training die Muskulatur und stärkt die Kondition. Es folgen Wechsel der Sitzposition und der Trittgeschwindigkeit sowie Veränderungen des Hebels, das heißt von gestreckten zu gebeugten Armen. Dabei können MS-Erkrankte ganz individuell die Parameter bestimmen: Wie schwer soll das Bremssystem eingestellt sein? Wie hoch darf die Tretgeschwindigkeit werden? Welche Intensität in der Ausführung der Armübungen ist gewünscht? Das erlaubt einen Fokus auf die eigenen Bedürfnisse innerhalb der Gruppe und ermöglicht es, dass Menschen mit unterschiedlichen Voraussetzungen gemeinsam trainieren können. Erfahrungen zeigen, dass Betroffene, die Aqua-Cycling ausprobiert haben, nach dem Training angenehm angestrengt, aber nicht erschöpft sind. Einziger Nachteil: Der Radsport im Wasser wird bis dato nur in ausgewählten großen Bädern oder Fitnessstudios angeboten.

Watsu führt zu tiefer Entspannung. Körperliche und seelische Blockaden können sich lösen. MS-Erkrankte mit leichterer oder schwererer Symptomatik dürfen ihren Körper neu erfahren und erspüren.

Watsu ist abgeleitet von den Begriffen Water (Wasser) und Shiatsu ("Fingerdruck"). Es bezeichnet eine ganzheitliche Körper- und Bewegungstherapie, bei der die behandelte Person vom Therapeuten im körperwarmen Wasser auf Händen getragen, gehalten und bewegt wird. Der Therapeut steht dabei im brusttiefen Wasser und verbindet bei den Bewegungsabläufen die positiven Eigenschaften des Wassers mit den Grundlagen des Shiatsu. Die Wirkung ist eine tiefe Entspannung und ein Gefühl von Schwerelosigkeit beim Betroffenen. Der Körper erreicht einen meditativ-ähnlichen Zustand; körperliche und psychische Blockaden können sich lösen.

Körperarbeit auf Basis der positiven Wassereigenschaften

Harold Dull, ein Shiatsu-Meister aus Kalifornien/USA erdachte 1980 auf der Basis vom Zen-Shiatsu die vielseitig anwendbare Körpertherapie. Die Behandlung findet in 35 Grad warmem Wasser statt, und sie nutzt die physikalischen Eigenschaften des Wassers:

  1. Auftrieb: Die Schwerkraft des Körpers nimmt ab, er erscheint nahezu schwerelos. Zusätzlich verlängert sich während eines einstündigen Aufenthaltes im Wasser die Wirbelsäule um etwa zwei Zentimeter und wird beweglicher, ebenso wie die angrenzenden Gelenke.
  2. Hydrostatischer Druck: Das Schlagvolumen des Herzens erhöht sich, dieses wiederum senkt die Herzfrequenz und verbessert die Pumpökonomie des Herzens. Das Blut verdünnt sich und die Atemmuskulatur wird gekräftigt durch die Kompression des Brustkorbs.
  3. Wärme: Sie führt zu einer Blutdrucksenkung, die Muskulatur entspannt sich, das Bindegewebe wird dehnbarer.

Entspannung und Wohlbefinden durch sanfte Bewegung im Wasser

Der Ablauf einer Watsu-Behandlung setzt sich aus drei Phasen zusammen. Am Anfang steht ein Gespräch zwischen MS-Erkranktem und Therapeuten. Hier wird geklärt, ob bestimmte Vorlieben oder Abneigungen gegenüber Wasser bestehen, welche Erfahrungen mit dem Element Wasser gemacht wurden und wie es dem Betroffenen körperlich und seelisch geht.

Die zweite Phase ist die Behandlung im Wasser. Dabei liegt der Betroffene in den Armen des Therapeuten, wobei das Gesicht immer außerhalb des Wassers bleibt. Für die Beine werden bei Bedarf Auftriebskörper (sogenannte Floats) benutzt, um ein Absinken zu verhindern und eine gute Wasserlage zu erreichen.Es ist auch möglich, die Behandlung auf Schwimmnudeln und speziellen Wasser-Kopfkissen zu beginnen.

Der MS-Erkrankte kann nun im Wasser auf eine Weise bewegt werden, wie es an Land niemals möglich wäre. Harmonisch fließende Bewegungen, gepaart mit spiral- und wellenförmigen Bewegungen, lassen den Körper schwerelos und beweglich erscheinen. Gelenke können mobilisiert werden, und Muskeln, Bänder und Sehnen werden behutsam gedehnt. Der Wechsel zwischen dynamischen und stillen Momenten gibt der Behandlung im Wasser einen ganz besonderen Impuls. Ein Gefühl des Wohlbefindens und der vollkommenen Entspannung ist meist die Folge. Der Betroffene muss bei dieser Behandlung nicht mithelfen, er muss keine "Leistung" vollbringen; er darf einfach nur sein. Die äußeren Reizaufnahmen sind verringert, sodass ein Kontakt zur eigenen Innenwelt aufgenommen werden kann. Ein Fühlen und Wahrnehmen des eigenen Körpers auf eine andere Art kann beginnen.

In der dritten Phase, dem Ende der Behandlung, wird der MS-Erkrankte behutsam in eine aufrechte Position gebracht und beginnt langsam wieder sein Gewicht selbst zu übernehmen. Gezielte Massagegriffe erleichtern diesen Übergang zurück ins Alltagsbewusstsein. Ein kurzes Nachgespräch im Wasser lässt Raum für Mitteilungen jeglicher Art, je nachdem, wie die Behandlung erlebt wurde.

Watsu kann eine neue Körperwahrnehmung ermöglichen

Manche MS-Erkrankte empfinden ein gewisses Gefühl der Ohnmacht in Bezug auf ihre körperlichen Veränderungen. Die Watsu-Therapie eröffnet ihnen die Chance, eine neue Wahrnehmung des Körpers zu erleben. Die allgegenwärtige Zeit- und Raumkontrolle ist in der einen Stunde im Wasser weitgehend aufgehoben. Häufig berichten Betroffene von einem Gefühl der Leichtigkeit nach einer Watsu-Behandlung: "So beweglich war ich schon lange nicht mehr", äußern sie zum Beispiel im Nachgespräch. MS-Erkrankte, die stark in ihrer Bewegung eingeschränkt sind und viel im Rollstuhl sitzen, profitieren zusätzlich vom hydrostatischen Druck des Wassers, der den Blut- und Lymph-fluss anregt. Es ist möglich, dass nach der Behandlung ein Erschöpfungszustand eintritt, sodass ein ausreichender Zeitraum zur Erholung eingeplant werden sollte. Die Behandlung kann aber auch von vornherein auf die frühen Abendstunden gelegt werden.

Für wen ist eine Watsu-Behandlung geeignet?

Watsu ist für jeden Menschen geeignet, der Wohlbefinden und eine neue Körperwahrnehmung erleben möchte. Das heißt sowohl MS-Erkrankte mit geringer Symptomatik als auch schwer Betroffene können von einer solchen Behandlung profitieren. Neben dem Wellness-Segment findet Watsu auch zunehmend Anwendung im Therapiebereich.

Nicht geeignet ist Watsu bei epileptischen Anfällen, dekompensierten Herzerkrankungen, offenen Wunden oder einer Chlorallergie. Das gilt übrigens auch für alle anderen Wassersportarten und -therapien! MS-Erkrankte mit ausgeprägtem Uhthoff-Phänomen sollten zunächst ihren Arzt konsultieren, bevor sie eine Watsu-Therapie im warmen Wasser beginnen.

Tauchen kann der Beginn einer neuen persönlichen Geschichte sein. So beschreiben es Menschen mit MS, die den Weg in die Welt unter Wasser gewagt haben.

Der Tauchsport erfordert Zeit für die Ausbildung, Muße für die Tauchgänge und Anfangsinvestition in die Ausrüstung. Er bedeutet einen gewissen Nervenkitzel und gleichzeitig eine tiefe Entspannung: Die Geräuschkulisse der übrigen Welt ist plötzlich ausgeblendet, in der Stille unter Wasser ist nur die eigene innere Stimme zu hören. Wer taucht, kann loslassen – von 180 auf 0 in wenigen Minuten.

Beim Tauchen steht Erleben statt Leistung im Vordergrund

Jeder, der mit dem Tauchsport beginnen möchte, sollte zunächst einen Arzt konsultieren, um sich und seine Tauchpartner vor möglichen Risiken zu schützen. Die Lunge, das Herz-Kreislaufsystem sowie der gesamte Hals-, Nasen-, Ohrenbereich müssen in Ordnung sein. In der Regel verlangen Tauchschulen ein ärztliches Attest vor Kursbeginn. Auch eine gewisse Grundkondition ist erforderlich: So sollte man sich 30 Minuten über Wasser halten können.

Bei jungen Menschen mit Multipler Sklerose ist in der Regel das Herz-Kreislaufsystem sehr leistungsfähig, aber die Muskulatur kann beeinträchtigt sein. Das macht Tauchen gerade für jüngere MS-Erkrankte zum idealen Sport, denn die Muskulatur wird gekräftigt und die Anstrengung für das Herz-Kreislaufsystem wird vom Körper leicht toleriert. Erfahrungen haben gezeigt, dass beim Tauchen der Wasserwiderstand eine gute Rückmeldung an die Muskeln gibt und dass der Wasserdruck den Körper stabilisiert. Dies hilft ganz erstaunlich bei Koordinationsstörungen wie der Ataxie. Das Wasser erleichtert die Bewegung, wobei der Taucher sich motorisch gar nicht so viel bewegen muss und keine besonderen Fähigkeiten braucht. Die typische Paddelbewegung mit den Füßen ist selbst bei Spastik kein Problem, da die Beine ohnehin gestreckt bleiben sollen.
Tauchen wirkt wie eine umfassende Körpertherapie: Die Gelenke bewegen sich, die Körperlage verändert sich ständig, die Lunge wird belüftet und der Kreislauf angeregt. Darüber hinaus macht es den Kopf frei, denn nicht die Leistung, sondern das Erlebnis steht im Vordergrund. Die Möglichkeit, sich frei – etwa ohne Rollstuhl – im dreidimensionalen Raum zu bewegen und eventuelle Behinderungen zu vergessen, ist einmalig. MS-Erkrankte, die diesen Sport für sich entdeckt haben, berichten von neu gewonnener Kraft, Selbstbewusstsein und mehr Mut im Alltag.

Tauchen

  • steigert das körperliche Wohlbefinden,
  • gibt Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten,
  • trainiert Ausdauer, Koordination, Gleichgewicht und Atmung,
  • kann typische MS-Symptome vermindern,
  • macht den Kopf frei und eröffnet eine neue Welt.

Ein Tauchkurs bringt Sicherheit – auch für Schwerbetroffene

Am Anfang des Tauchens steht immer ein Einführungskurs, der Theoriestunden, erste Übungen im Becken und die Ausbildung im Freiwasser beinhaltet. Solche Kurse bieten entweder Tauchschulen in Deutschland an oder – häufig in Form eines Urlaubs-Kompaktkurses – Schulen in Tauchgebieten im Ausland. Bei bestandener Prüfung erhält der Teilnehmer ein Zertifikat, das weltweit als Taucherlaubnis gilt.

Viele Vereine und Tauchschulen bieten Schnupperkurse an. Es lohnt sich immer zu fragen, ob es möglich ist, als MS-Erkrankter in einer normalen Tauchschule teilzunehmen. Tauchen ist ebenso eine mentale Herausforderung wie eine körperliche. Mit dem richtigen Ausbilder können auch schwerer betroffene MS-Erkrankte diesen Sport ausüben und tiefe Befriedigung dabei empfinden.

Die umfassende Ausbildung und viel praktische Erfahrung der meisten Tauchlehrer gewährleisten in der Regel eine hohe Sicherheit. Eine gute Alternative sind Tauchschulen, die speziell geschulte und erfahrene Ausbilder für Tauchen mit Behinderung haben (handicap diving). Die internationale Behinderten-Tauchorganisation IAHD (International Association for Handicapped Divers) hat für die Ausbildung weltweite Richtlinien entwickelt, welche sowohl die Einschränkungen von behinderten Menschen als auch die für das Tauchen erforderlichen Sicherheitsgrundsätze berücksichtigen.

Der Tauchbuddy ist ein verlässlicher Partner für jeden Taucher

Die Teilnehmer lernen neben den technischen Aspekten vor allem einen wichtigen sozialen Grundsatz des Tauchens kennen: "Niemals alleine tauchen". Jeder Taucher hat immer einen Tauchpartner dabei, den sogenannten Tauchbuddy, und ist mit diesem in der Regel auch Mitglied einer Tauchgruppe. Tauchbuddies sind das A und O. Sie helfen sich beim Anziehen und Richten der Ausrüstung und sie kontrollieren sich gegenseitig von Anfang bis Ende des Tauchgangs. Das bedeutet neben Sicherheit auch viel gemeinsamen Spaß.

für MS-Erkrankte, die in ihrer Bewegung eingeschränkt sind und beispielsweise Unterstützung beim Anziehen des Tauchanzugs benötigen. Wichtig: Lassen Sie sich Zeit und nehmen Sie Hilfe in Anspruch. Orientieren Sie sich nicht an dem, was gesunde Taucher können, sondern finden Sie Ihren individuellen Maßstab.

Wie läuft ein Tauchgang ab?

Ein typischer Tauchgang beginnt häufig mit einem gemeinsamen Tauchfrühstück der Gruppe. Nach dem Einfinden an der Tauchbasis packen die Teilnehmer ihre Sachen zusammen und fahren gegebenenfalls mit dem Boot zur Tauchstelle. Der Tauchguide leitet das einführende Briefing, in dem geklärt wird, worauf die Teilnehmer achten müssen, welche Strömung zu erwarten ist und wie der Tauchgang insgesamt abläuft. Dann taucht der Guide der Gruppe voraus. Die Verständigung in der Gruppe erfolgt ab jetzt durch Handzeichen.
Ein Tauchgang dauert rund eine Stunde. Die Tauchzeit regelt sich durch die vorhandene Luft (der Verbrauch variiert je nach Lungenvolumen und dem Tempo der Atmung) und durch die Temperatur. Auch im Taucheranzug kühlt der Körper in unseren heimischen Gewässern sehr schnell aus.

MS-Erkrankte müssen damit rechnen, dass sie neben der Entspannung auch eine gewisse Erschöpfung nach dem Tauchgang spüren können. Auf jeden Fall macht das Erlebnis müde und hungrig, und es empfiehlt sich, danach den Tag ruhig ausklingen zu lassen. Viele MS-Erkrankte bescheinigen dem Tauchsport einen gewissen "Suchtfaktor". Er kann zur Leidenschaft werden, weil die Unterwasserwelt fasziniert und weil die Erfahrung des Schwebens in dieser fremden Welt mit nichts über der Wasseroberfläche vergleichbar ist.

Was gehört zur Tauchausrüstung?

  1. Maske, Schnorchel, Flossen gehören zur sogenannten ABC-Ausrüstung, die jeder Taucher selber besitzen sollte. Alle anderen Teile können in der Regel zunächst ausgeliehen werden.
  2. Neoprenanzug/Tauchanzug
  3. Gewichtssystem: Neutralisiert den Auftrieb der Ausrüstung, sodass ein Abtauchen möglich wird – entweder in Form eines Bleigurtes um die Hüfte oder als seitlich integriertes Blei in der sogenannten Tarierweste.
  4. Pressluftflasche (etwa zehn Liter)
  5. Lungenautomat
  6. Stirnlampe
  7. Für Taucher mit Handicap, die zum Beispiel ihre Beine nicht bewegen können, gibt es spezielle Schwimmhilfen wie große Spezialhandschuhe mit Schwimmhäuten

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