Sport und Bewegung sind gut für Körper und Seele - das gilt auch für Menschen mit Multiple Sklerose.
Wer regelmäßig in Bewegung ist, bringt sein Herz-Kreislauf-System in Schwung, reduziert überflüssiges Körperfett, senkt den Cholesterinspiegel und beugt Depressionen vor. Auch das Risiko, an anderen Erkrankungen wie Arteriosklerose oder Osteoporose zu erkranken, wird verringert. Sport tut insgesamt gut – denn er verbessert das Körpergefühl und steigert die Freude am Leben.
Wer an MS erkrankt ist, profitiert wie jeder andere von diesen Vorteilen. Wichtig ist dabei, eine geeignete Sportart zu finden und die persönlichen Belastungsgrenzen zu beachten.
Bei MS-Kranken kann Sport darüber hinaus ein wichtiger Therapiebaustein sein. Verschiedene MS-Symptome wie Fatigue, Spastik, Schwächen oder auch Koordinationsprobleme können verbessert werden. Vor allem ein gezieltes Training, das Ausdauer, Kraft, Koordination und Gleichgewicht schult, hilft Menschen mit MS bei ihren spezifischen Symptomen und unterstützt sie dabei, ihren Alltag besser zu bewältigen.
Doch welche Sportart ist die richtige? Diese Frage kann nur individuell beantwortet werden. Eine Hilfestellung kann diese Seite der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft bieten, die geeignete Sportarten für MS-Erkrankte vorstellt.
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Was ist der Bewegungs-Coach?
Der achtwöchige Bewegungs-Coach ist modulartig aufgebaut, vollständig digital und damit flexibel von überall aus durchführbar. Er beinhaltet theoretische sowie praktische Audios und Videos. Sowohl theoretische Grundlagen zu Sport, Training, Trainingsplanung und Motivation werden vermittelt als auch alle Bausteine motorischer Hauptbeanspruchungsformen (Koordination, Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit, Schnelligkeit) praktisch geübt.
Sport und regelmäßige körperliche Aktivität führen nachweislich zur Vorbeugung zahlreicher Krankheitsbilder und haben darüber hinaus gesundheitsfördernde Effekte. Sowohl bei Gesunden als auch bei chronisch Erkrankten schützt regelmäßiges sportliches Training vor zahlreichen Erkrankungen (z. B. Bluthochdruck, Übergewicht, Diabetes mellitus, Herzinfarkt, Krebs u. v. m.) und wird daher von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Kinder, Jugendliche, Erwachsene, ältere Erwachsene und Erwachsene mit chronischen Erkrankungen empfohlen.
Wer kann teilnehmen?
Teilnahmen kann, wer über 18 Jahre alt ist und sich grundsätzlich sporttauglich fühlt. Von einer Teilnahme musst du leider absehen, wenn:
- kürzlich eine Operation durchgeführt wurde,
- eine Schwangerschaft besteht,
- oder akute Herz-Kreislauf-Erkrankungen (z.B. nach Herzinfarkt), akute orthopädische Erkrankungen (z.B. Arthritis) oder Tumorerkrankungen vorliegen.
Wer sich zur eigenen Sporttauglichkeit unsicher ist, kann dies gern vorab mit seinem Arzt/seiner Ärztin abklären. Die Teilnahme am Kurs ist kostenfrei. Vor Beginn, direkt im Anschluss an den Kurs und ca. drei Monate später wirst du gebeten an der Online-Befragung teilzunehmen. Bitte beachte, dass der Bewegungs-Coach innerhalb von 12 Wochen absolviert sein muss.
Seit dem 31.05.2024 ist die Rekruitierung für Teilnehmende an der Evaluation des Bewegungs-Coaches abgeschlossen!
Bei Fragen wende dich an die Projektleitung Dr. Stephanie Woschek und Dr. Simone Morvilius unter: eva-coach@dmsg.de.
Was unterscheidet körperliche Aktivität und Sport? Körperliche Aktivität ist jede durch Muskulatur erzeugte Bewegung, in deren Folge der Energieverbrauch des Körpers deutlich ansteigt. Das kann in allen Lebensbereichen erfolgen, also im Beruf, im Haushalt, im Garten, unterwegs, in der Freizeit oder beim Sport.
Ob Treppensteigen, der Gang zur Bushaltestelle oder das Zupfen von Unkraut – mit jeder dieser Bewegungen tun Sie bereits etwas für Ihre Gesundheit. Sport bezeichnet im deutschsprachigen Raum eine körperliche Aktivität mit dem Ziel, die Gesundheit zu fördern, sich zu erholen oder die Freizeit zu gestalten. Auch die Aspekte Leistung und Wettkampf spielen eine Rolle – dies muss aber gar nicht sein. Sie können aus einer Fülle von Sportarten wählen, um einem oder mehreren dieser Ziele näher zu kommen.
Welche Vorteile bringt Sport bei Multipler Sklerose?
Die vorbeugende und therapeutische Wirksamkeit von Sport ist wissenschaftlich belegt. Jeder Mensch profitiert von regelmäßiger Bewegung, denn sie senkt das Risiko für die Entstehung von Krankheiten wie Diabetes mellitus (umgangssprachlich „Zuckerkrankheit“), Herz-Kreislauf- Erkrankungen oder Rückenschmerzen und steigert allgemein das körperliche und seelische Wohlbefinden. Sport stabilisiert und erhöht die Leistungsfähigkeit. Das gilt auch für Menschen mit MS. Viele wissenschaftliche Studien beweisen, dass Sport bei MS-Erkrankten die Muskelkraft verbessert, eine positive Wirkung auf das Gleichgewicht hat und Fatigue reduzieren kann. Menschen mit MS, die Sport treiben, bewältigen wahrscheinlich ihre Krankheit besser. Die zunehmende körperlich Fitness kann die Mobilität steigern und Folgeerkrankungen wie Osteoporose und Depressionen verhindern. MS-Erkrankte brauchen keine Angst davor zu haben, dass Sport Krankheitsschübe auslöst. Eine Studie am Institut für Sportwissenschaft und Sport der Universität Erlangen (MuSkAT-Studie, siehe Abbildung auf Seite 4) zeigt, dass kein Zusammenhang zwischen sportlicher Aktivität – gleich welchen Ausmaßes – und der Schubrate besteht.
Körperliche Aktivität ist messbar
Das individuelle Maß an körperlicher Aktivität gibt Aufschluss über das Gesundheitsverhalten und den Alltag eines Menschen. Insbesondere bei chronischen Erkrankungen wie Multiple Sklerose ist es eine wichtige Voraussetzung für die Erhaltung der körperlichen Funktionsfähigkeit und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Deshalb ist es von Bedeutung, körperliche Aktivität zuverlässig zu messen.
Zwei Methoden bieten sich dafür an. Die subjektive Messung wird häufig in Studien angewandt. Mit Hilfe von Fragebögen oder Bewegungstagebüchern werden verschiedene Bereiche körperlicher Aktivität abgefragt. Aufgrund der persönlichen Einschätzung der Befragten ist diese Methode allerdings recht fehleranfällig.
Zuverlässigere Messdaten liefert die objektive Messung mit dem Schrittzähler (Pedometer) oder dem Beschleunigungsmesser (Akzelerometer). Die Testpersonen tragen beide Geräte jeweils am Fußgelenk oder an der Hüfte. Der Schrittzähler misst die genaue Schrittzahl zum Beispiel eines Tages. Er gibt jedoch wenig Aufschluss über die Intensität der Bewegungsaktivitäten oder den damit verbundenen Energieverbrauch. Hier leistet der Beschleunigungsmesser gute Dienste, indem er über mehrere Tage alle Bewegungsepisoden mit genauer Zeitangabe und Intensität erfasst. Eine Erfassung der körperlichen Aktivität ist auch mit Smartphones möglich. Apps können mittels der eingebauten Beschleunigungssensoren Schritte erkennen, auswerten und auch grafisch darstellen. Dies kann eine wertvolle Hilfe sein, das eigene Aktivitätsverhalten einzuschätzen.
Gute Gründe, Sport zu treiben
Menschen mit MS können durch Sport nur gewinnen, denn die positiven Effekte auf den Körper und die Psyche sind vielfältig und wissenschaftlich erwiesen. Mehr dazu finden Sie auf den folgenden Artikeln.
Sport wirkt – auch bei MS
- erhöht die Durchblutung des Gehirns
- weitet die Blutgefäße und kräftigt den Herzmuskel
- strafft die Muskeln
- regt die Fettverbrennung an
- erhöht die Mobilität und stärkt das Gleichgewicht
- kann langfristig funktionalem Abbau vorbeugen
- wirkt positiv auf die Fatigue
- hilft, Stress abzubauen
- verbessert die Lebensqualitätmindert
- Depressionen
- steigert Selbstvertrauen in körperliche Fähigkeiten
- fördert soziale Kontakte
Warum wurde Menschen mit MS lange von Sport abgeraten? Früher erhielten MS-Erkrankte häufig den Rat, sich zu schonen und bekamen Bettruhe statt Bewegung verordnet. Die Mediziner waren damals der Meinung, dass sich körperliche Erschöpfung negativ auf den Krankheitsverlauf auswirken würde.
Grund dafür ist vermutlich die Besonderheit der MS, dass sich ihre Symptome bei erhöhter Körpertemperatur vorübergehend verschlimmern können. Diese Beobachtung führte häufig dazu, dass MS-Erkrankten von Sport abgeraten wurde. Heute weiß man, dass die Symptome des Uhthoff-Phänomens – die sich meist innerhalb von 30 Minuten bis circa zwei Stunden wieder zurückbilden – letztlich ungefährlich sind. Sie sind zwar lästig, aber kein Grund auf die positiven Effekte von Sport zu verzichten. Bei entsprechenden allgemeinen gesundheitlichen Voraussetzungen wie einem stabilen Herz-Kreislauf-System, guter Lungenfunktion und orthopädischer Gesundheit, können Menschen mit MS sich vielfältig körperlich belasten und Sport treiben – selbstverständlich sollte dabei immer die individuelle Symptomatik berücksichtigt werden.
Krankheitsbewältigung mit Sport
Ergebnisse zahlreicher Untersuchungen zeigen, dass die gesundheitlichen Wirkungen von Bewegung und Training bei Multipler Sklerose gar nicht hoch genug eingeschätzt werden können. Sie sollten fester Bestandteil des Alltags jedes MS-Erkrankten sein, nicht zuletzt, weil sie auch Wohlbefinden und Selbstvertrauen steigern und Depressionen mildern beziehungsweise vorbeugen können. Diese Effekte helfen auch bei der Krankheitsbewältigung.
Erlanger Studie MS-int@kt
Diese Studie (internetbetreute Aktivierung zu körperlichem Training bei Personen mit Multipler Sklerose) lief von 2009 bis 2011 am Institut für Sportwissenschaft und Sport der Universität Erlangen und am Caritas- Krankenhaus Bad Mergentheim. Unter der Federführung von Dr. Alexander Tallner und Prof. Dr. med. Mathias Mäurer nahmen 126 Personen mit MS daran teil. Die Hälfte von ihnen trainierte sechs Monate nach dem Internet-Trainingsprogramm „e-Training“, die andere Hälfte nur die letzten drei Monate. Das erste Ergebnis nach drei Monaten dokumentierte bei der aktiven Gruppe eine deutliche Verbesserung unter anderem bei Beinkraft und Lungenfunktion. Die Teilnehmerbefragung nach sechs Monaten zeigte eine positivere Einstellung zu körperlicher Aktivität und den Wunsch, sportlich aktiv zu bleiben. Mittlerweile kann das Trainingsangebot auch außerhalb von Studien wahrgenommen werden und wird von einigen Krankenkassen bezuschusst. Weitere Infos unter www.ms-intakt.de. Das Erlanger Institut betreut derzeit zwei weitere Studien mit MS-Erkrankten, um die Wirkung des e-Trainings auf die Fatigue zu erforschen.
Neueste medizinische Aspekte und Studienergebnisse
Seit 1996 sind in wachsender Zahl die Ergebnisse von Studien veröffentlicht worden, die die Folgen regelmäßiger Bewegung für MS-Erkrankte untersucht haben. Der Grundton ist eindeutig: Sport hat einen positiven Einfluss auf MS-Symptome, und es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass körperliche Aktivität den Krankheitsverlauf negativ beeinflusst. Allerdings weisen bisherige Studien noch viele methodische Mängel auf, so dass weiterer Forschungsbedarf besteht, um den Zusammenhang zwischen Bewegung und ihrer Wirkung auf die Multiple Sklerose fundierter zu belegen. Der Tenor wissenschaftlicher Untersuchungen weist jedoch bereits deutlich auf die Wirksamkeit von Sport und Bewegung bei Menschen mit MS hin. So zeigt eine Zusammenfassung mehrerer wissenschaftlicher Untersuchungen von Erin M. Snook und weiteren Autoren, dass regelmäßiges Training mit einer Verbesserung der Gehfähigkeit einhergeht und zwar in einem Maße, das in etwa der Effektivität einer medikamentösen Therapie entspricht. In mehreren Studien erreichten die Teilnehmer durch Training eine deutliche Verbesserung in Bezug auf Ausdauer, Leistungsfähigkeit, Muskelkraft, Gleichgewicht, Mobilität, Fatigue, Gesundheitswahrnehmung und Lebensqualität. Auch Depressionen, ein häufiges Begleitsymptom der MS, wirkt Sport erfolgreich entgegen. Es bestehen sogar erste Anhaltspunkte, dass körperliche Aktivität bei MS-Patienten die Bildung von Nervenzellen (Neurogenese) unterstützt und Lernprozesse im Zentralen Nervensystem fördert. So wurde in einer Studie entdeckt, dass körperliche Fitness dazu beiträgt, die kognitiven Fähigkeiten bei MS-Erkrankten zu erhalten. Darüber hinaus gibt es Hinweise, dass durch Training bei MS vermehrt entzündungshemmende Botenstoffe produziert werden, die wiederum die Krankheitsaktivität mildern. könnten. Diese – sehr verlockenden – Schlussfolgerungen sind allerdings (noch) spekulativ.
Bewegungs-Tipps
- Versuchen Sie, sich insgesamt mindestens 20 bis 60 Minuten pro Tag zu bewegen, entweder als komplette Sporteinheit oder in über den Tag verteilten Bewegungssequenzen von je 8 bis 10 Minuten.
- Halten Sie die Intensität Ihrer Aktivität moderat und überanstrengen Sie sich nicht.
- Führen Sie das Training regelmäßig und über einen längeren Zeitraum durch. Bereits acht Wochen Pause machen die zuvor erreichten Erfolge zunichte.
Persönliche Fitness und sportliche Vorerfahrung variieren stark von Mensch zu Mensch, deshalb lassen sich keine allgemeingültigen Aussagen zur empfohlenen Trainingsintensität machen.
Ohne Überanstrengung zum Erfolg
Generell gilt, dass Training nicht erschöpfend sein muss, um zu wirken! Vor allem beim Ausdauertraining ist die Herzfrequenz eine gute Möglichkeit, die Belastung zu steuern. Wenn Sie keine Pulsuhr benutzen, können Sie die Intensität Ihres Trainings anhand Ihres Gefühls bestimmen. Das klingt ungenau, erzielt aber erstaunlich gute Ergebnisse. Die Borg-Skala von 6 bis 20 misst den individuell empfundenen Grad der Anstrengung beim Ausdauertraining oder auch Krafttraining. Sie schätzen Ihren persönlichen Wert auf der Skala ein, nehmen diesen mal zehn und erhalten die ungefähre aktuelle Herzfrequenz. Die optimale Belastung liegt zwischen 11 und 15. Das heißt, wenn die sportliche Aktivität als "etwas anstrengend" empfunden wird, reicht das aus, um positive Trainingseffekte zu erzielen. Wer möchte, kann auch einzelne Trainingseinheiten bei einer höheren Intensität trainieren – es schadet nicht, gelegentlich an seine Grenzen zu gehen. Wichtig zu wissen: MS-Erkrankte können aufgrund einer MS-typischen Fatigue schneller ermüden, als es der Anstieg der Herzfrequenz vermuten ließe. Deshalb sollte das individuelle Empfinden immer Vorrang vor den Messergebnissen haben.
Bestimmte Situationen erfordern allerdings Zurückhaltung: Kein Sport während einer akuten Infektion – das gilt für Menschen mit und ohne MS. Erst nach Rückgang der akuten Symptome sollte das Training wieder aufgegriffen werden. Während eines akuten Schubes sollte die Aktivität zurückgeschraubt werden, zumindest solange Kortison verabreicht wird.
Empfehlungen für Ausdauer- und Kräftigungstraining
Nach aktuellem Kenntnisstand erzielen MS-Erkrankte die besten Erfolge für ihre Lebensqualität mit einem ausgewogenen Mix aus Ausdauer- und Kräftigungstraining. Wer seine Ausdauer trainiert, erhöht die Fähigkeit
des Körpers, über einen längeren Zeitraum Leistung zu erbringen. Empfehlenswert sind dabei zwei bis drei Trainingseinheiten pro Woche über mindestens zwölf Wochen. Die Trainingsdauer sollte jeweils 10 bis 40 Minuten betragen. Achten Sie darauf, dass Sie mit Ihrem Trainingsempfinden überwiegend im mittleren Bereich der Borg-Skala bleiben und dass Sie sich während des Trainings unterhalten können, ohne außer Atem zu kommen. Starten Sie mit geringer Intensität und steigern Sie zunächst nur Häufigkeit und Dauer.
Mit einem ausgewogenen Krafttraining können MS-Erkrankte frühzeitigen Ermüdungserscheinungen der Muskulatur und damit Haltungsschäden und Gelenkinstabilität im Alltag vorbeugen. Ob im Fitnessstudio, beim Aquatraining oder durch gymnastische Übungen – achten Sie darauf, dass Sie vorzugsweise die im Alltag benötigte Muskulatur trainieren (Oberschenkel, Rumpf, Arme). Als Faustregel gilt: jeweils 8 bis 15 Wiederholungen, zwei bis drei Serien und zwei bis vier Minuten Pause zwischen den Serien. Planen Sie möglichst zwei bis drei Trainingseinheiten
pro Woche ein. Die positiven psychischen Wirkungen (Wohlbefinden, gutes, aktiviertes Gefühl nach dem Training) sind schon nach wenigen Trainingseinheiten spürbar, wenn Sie die richtige Trainingsintensität
gefunden haben. Nach vier Wochen sind erste Verbesserungen bei Kraft und/oder Ausdauer zu spüren. Bereits nach zwölf Wochen stellen sich meist deutliche Erfolge ein, die sich auch bei der Bewältigung des Alltags bemerkbar machen sollten. Um diese positiven Effekte zu erhalten, muss das Training natürlich weitergeführt werden!
Sporteignung feststellen
Genau wie gesunde Menschen, die bisher nicht regelmäßig körperlich aktiv waren, sollten auch MS-Erkrankte vor dem Training ihren behandelnden Arzt und gegebenenfalls ihren Physiotherapeuten zu Rate ziehen. Neben dem
individuellen Krankheitsbild spielen eventuelle Begleiterscheinungen wie Bluthochdruck oder Diabetes mellitus eine Rolle, wenn der Arzt die Sporteignung feststellt. Liegen keine gravierenden Einschränkungen vor, können sich Menschen mit MS genauso sportlich belasten wie Menschen ohne MS.
Das Uhthoff-Phänomen
Erhöht sich beim Sport die Körpertemperatur, kann es zu einer vorübergehenden Verschlechterung bereits bestehender neurologischer Symptome kommen. Die Betroffenen fühlen sich stark erschöpft,Lähmungen, Spastik und Sehverschlechterungen können zunehmen. Diese Symptome sind jedoch vorübergehend und bilden sich nach einem Absenken der Temperatur wieder zurück. Häufig genügt bereits eine kalte Dusche, um die Körperwärme auf ein Normalmaß zu reduzieren.
Grundsätze zu Sport mit MS
- Beginnen Sie mit leichten und einfachen Bewegungs-und
Trainingsformen. - Stellen Sie sicher, dass Sie bei auftretenden Symptomen
sofort reagieren können und das Training jederzeit
unterbrechen beziehungsweise die Intensität
verringern können. - Schätzen Sie vor jeder Trainingseinheit Ihr aktuelles
Empfinden ein und wählen Sie eine angemessene
Trainingsintensität (siehe Borg-Skala). - Steigern Sie zuerst die Dauer einer Aktivität, dann die
Häufigkeit, danach erst die Intensität. - Provozieren Sie keine zu starke Ermüdung und hören
Sie gut auf die Signale Ihres Körpers. - Tragen Sie angemessene Kleidung, trainieren Sie
nicht in der Mittagshitze und halten Sie Möglichkeiten
zur Kühlung bereit. - Gleichen Sie Ihren Flüssigkeitsverlust aus.
Wer keine Symptome hat, dem stehen im Prinzip alle Sportarten offen und selbst bei zunehmenden Beschwerden oder fortschreitendem Behinderungsgrad lassen sich viele Sportarten den geänderten Möglichkeiten anpassen. Geben Sie deshalb Ihren geliebten Sport nicht gleich bei den ersten Schwierigkeiten auf.
Den Lieblingssport beibehalten
In bestimmten Phasen der Erkrankung kann es erforderlich sein, Alternativen zum herkömmlichen Training zu suchen oder sich bestimmter Hilfsmittel zu bedienen. So gibt zum Beispiel ein Dreirad mehr Halt als ein normales Fahrrad, und eine Fußheberorthese aktiviert die Füße beim Laufen. Bei der Wahl einer geeigneten neuen Sportart spielen die körperliche Situation,Leistungsfähigkeit und der Behinderungsgrad eine wichtige Rolle. Das Ausmaß der Behinderung ist bei MS-Erkrankten sehr unterschiedlich – es reicht von beschwerdefrei bis bettlägerig. Aus den individuellen Einschränkungen leiten sich das Maß und die Art der sportlichen Betätigung ab. So können kognitive Störungen schnell zu einer Überforderung bei komplexen, technisch anspruchsvollen Sportarten führen und das Verletzungsrisiko erhöhen. Wer Sehstörungen und Einschränkungen beim räumlichen Sehen hat, sollte keine schnellen Ballsportarten wählen. Bergsteigen oder Schlittschuhlaufen sind für MS-Erkrankte mit Gleichgewichtsstörungen eher ungeeignet.
Sportprogramm von einem Therapeuten erstellen lassen?
Besteht die Möglichkeit, sich von einem Sporttherapeuten betreuen zu lassen, kann das sehr hilfreich sein. Er stellt ein individuelles Programm zusammen, das Symptomatik und Ausprägung der MS, vorherige sportliche Erfahrung sowie Motivation berücksichtigt. Der Trainingsplan sollte Ausdauer- und Krafttraining sowie Beweglichkeits- und Gleichgewichtsübungen enthalten und von Zeit zu Zeit angepasst und verändert werden, um weiterhin optimal wirksame Trainingsreize für den Körper zu setzen. Ist kein Sporttherapeut vorhanden, gilt: einfach ausprobieren! Nichts spricht dagegen, ein Fitnessstudio zu besichtigen und nach der Qualifikation der Trainer zu fragen. Vielleicht kaufen Sie sich Nordic Walking Stöcke und laufen einfach los oder Sie legen eine Yoga-CD ein und probieren ein paar Übungen daheim. Wichtig dabei ist, ohne Scheu und Druck an die Sache heranzugehen und sachte zu beginnen.
Analyse der eigenen Ziele und Wünsche
Nur Sport, den man mit Freude betreibt, motiviert und ist langfristig sinnvoll. Deshalb sollten Sie sich am Anfang einige Fragen stellen und ehrlich beantworten: Geht es Ihnen allein um körperliche Ertüchtigung oder wollen Sie Ihren physiotherapeutischen Behandlungsplan ergänzen? Möchten Sie soziale Kontakte knüpfen? Welchen sportlichen Herausforderungen
möchten Sie sich stellen? Welcher Sport hätte Ihnen auch vor der Erkrankung Freude gemacht? Suchen Sie sich eine Trainingsform heraus, die Ihren persönlichen Vorlieben und Ihrem Charakter entspricht: allein oder in der Gruppe, mit oder ohne Musik, in der Natur oder lieber in der Halle, Spannung oder Entspannung, im Wasser, zu Lande, in der Luft. Auch praktische Fragen sollten geklärt sein: Können Sie die Sportstätte alleine erreichen? Ist – zum Beispiel bei Blasen- und Darmstörungen – das sanitäre Angebot ausreichend? Sind im Sommer die Hallen klimatisiert oder der Außenplatz beschattet? Wer sich wohler fühlt, wenn er sich mit Menschen, die auch die Diagnose MS haben, zusammen sportlich betätigt, erhält bei der AMSEL Informationen über Angebote der regionalen Gruppen. Über den Deutschen Behindertensportverband oder den Deutschen Rollstuhl-Sportverband können MS-Erkrankte sich hinsichtlich besonderer Trainingsmöglichkeiten informieren.
Antrieb für sportliche Aktivitäten
- Aktivierung und Freude
- Wohlbefinden
- Fitness und Gesundheit
- Figur und Aussehen
- Leistung und Wettkampf
- Ablenkung und Stressabbau
- Selbstsicherheit
- Sozialer Kontakt
Mehr Bewegung oder ein neuer Sport bedeuten immer auch eine Verhaltensänderung. Damit diese von Dauer ist und nicht – wie so mancher Neujahrsvorsatz – nach wenigen Wochen wieder verpufft, sollten Sie sich ein paar Strategien zurechtlegen. Denn leider ist die Wirkung von Sport nur kurzfristig.
Selbstbeobachtung
Studien zeigen, dass die Erfolge eines achtwöchigen Trainings nach weiteren acht Wochen Trainingspause komplett verschwunden sind. Ein erster Schritt, um am Ball zu bleiben, ist die Selbstbeobachtung. Fragen Sie sich: "Wo kann ich noch mehr Bewegung in meinen Alltag integrieren?" und "Wie schaffe ich mir Freiräume fürs Training?" Weisen Sie dem Sport eine gewisse Wertigkeit zu und planen Sie ihn fest in die täglichen Abläufe mit ein.
Zielsetzung und Planung
Das A und O bei der Planung sind realistische Ziele, die sich mit vertretbarem Zeitaufwand in den Alltag integrieren lassen. Es motiviert zusätzlich, wenn Sie sich kurz-, mittel- und langfristige Ziele setzen, die messbar sind, so dass Sie diese in bestimmten Abständen überprüfen können. Das kann zum Beispiel eine festgelegte Strecke sein, die Sie gerne am Stück laufen möchten oder eine Schrittkombination, die Sie beim Tanzen erlernen wollen. Formulieren Sie feste Absichten: Was wollen Sie wann, wo, wie genau und mit wem verwirklichen?
Sporttagebuch
Mit Hilfe eines Sporttagebuchs können Sie Ihre individuellen und tatsächlichen Belastungsgrenzen leichter erkennen und beurteilen. Für jeden Tag tragen Sie Ihre sportlichen Aktivitäten mit der jeweiligen Dauer
und dem daraus resultierenden Befinden ein. So können Sie mit der Zeit ablesen, welche Sportarten oder Übungen am besten zu Ihnen passen oder welche Sie besonders gut vertragen.
Hindernisse überwinden
Es ist hilfreich, schon im Vorfeld potenzielle Hindernisse einzuplanen und zu überlegen, wie man darauf am besten reagiert. Das heißt, dass Sie auch an Tagen mit schlechter Verfassung trainieren können und dann eventuell das Programm entsprechend anpassen (zum Beispiel mehr Beweglichkeit und Entspannung trainieren statt Ausdauer). Bei zunehmender Erschöpfung im Laufe des Tages planen Sie Ihr Training besser vormittags statt nachmittags ein.
Wenn Sie mit anderen gemeinsam Sport treiben, sollten Sie überlegen, ob Sie Trainer und Verein über Ihre Erkrankung informieren möchten. Das kann Sie zum einen vor überzogenen Erwartungen schützen, zum anderen können die Trainingspartner im Bedarfsfall besser auf Sie und mögliche Symptome eingehen. Wichtig ist, Sorgen und Probleme offen anzusprechen. In den meisten Fällen findet sich eine Kompromisslösung, mit der alle gut leben
können. Vermeiden Sie einen sportlichen Vergleich mit gesunden Trainingspartnern, denn die Tagesform schwankt bei ihnen in der Regel weniger als bei MS-Erkrankten, und der Trainingserfolg entwickelt sich in anderem Maße. Lernen Sie – mehr noch als ein Gesunder – auf die Signale Ihres Körpers zu achten und machen Sie rechtzeitig Pausen. Denn: elbstüberschätzung frustriert und geht mit Verletzungsgefahr einher. Wenn Sie draußen trainieren, machen Sie sich mit Funktionskleidung vom Wetter unabhängig – Regen kühlt! – und schützen Sie sich im Bedarfsfall vor Überhitzung. Bei allen sportlichen Aktivitäten gilt: Lassen Sie sich von Rückschlägen nicht verunsichern. Ob Menschen mit oder ohne MS – wer vom Pferd fällt und wieder aufsteigt, gewinnt neues Selbstvertrauen.
Nützlich: Moderne Kommunikationsmedien
Moderne Kommunikationstechnologien wie das Internet bieten zusätzliche Möglichkeiten für ein ökonomisches und individuelles Training. Vom internetbetreuten Bewegungsprogramm über Spielkonsolen bis hin zu Smartphone Apps – zahlreiche Angebote helfen, eingefahrene Gewohnheiten zu ändern, Bewegung in den Alltag zu ringen, diese zu erfassen und auszuwerten. Speziell für Menschen mit MS bietet das Institut für Sportwissenschaft und Sport der Universität Erlangen- Nürnberg das Trainingskonzept ms-int@kt (internetbetreute Aktivierung zu körperlichem Training bei Personen mit Multipler Sklerose) unter www.ms-intakt.de an. Das computergestützte Heimtraining enthält Elemente von Kräftigungs- und Ausdauertraining, die individuell für jeden Teilnehmer zusammengestellt werden. Der Therapeut und der Trainierende arbeiten am selben Trainingsplan. Während der Therapeut Übungen vorgibt, das Training kontrolliert und gegebenenfalls anpasst, trainiert der Teilnehmer nach den jeweiligen Vorgaben und dokumentiert seinen Fortschritt. Ein Bewegungstagebuch und zahlreiche Möglichkeiten der Trainingsauswertung motivieren, am Ball zu bleiben. Wer sich allgemein über geeignete Sportarten bei MS informieren möchte, findet in dem Internetportal "MS und Sport" der DMSG unter www.dmsg.de eine Fülle von Hinweisen.
Spielkonsolen und aktive Videospiele können eine gute Alternative sein, um sich daheim zu bewegen. Übungen für Gleichgewicht und Haltung, Reaktionsspiele und Fitnessprogramme lassen sich ohne viel Aufwand im Wohnzimmer vor dem Fernseher ausführen, auch mit Freunden und Familie in geselliger Runde.
Wer ein Smartphone hat, profitiert von einer Fülle an Apps, die sportliche Betätigung unterstützen oder begleiten. So dokumentieren Apps wie zum Beispiel "Runtastic" beim Ausdauersport die zurückgelegte Strecke,
Geschwindigkeit und Kalorienverbrauch. Trainingsergebnisse können mit Freunden auf Facebook geteilt werden. Die App "Moves" ermittelt die täglich gegangenen Schritte und hält Lauf- und Fahrradrouten auf einer Karte fest.
Bei allen Anwendungen gilt: ausprobieren! Sicherlich ersetzen die modernen Techniken nicht die Effekte von Sport im Verein mit anderen, aber sie sind eine gute Ergänzung, um den Alltag sportlicher zu gestalten.
Tipps gegen Überhitzung
- Trinken Sie so viel wie möglich, aber vermeiden Sie
Kaffee und Alkohol. - Kühlen Sie Ihren Körper vor und nach dem Sport mit
Wasser (Dusche, Eiswürfel, feuchtes Tuch). - Verlegen Sie Sport im Sommer auf morgens oder
abends und bedecken Sie in der Sonne den Kopf. - Nutzen Sie spezielle Kühlelemente wie Kühlwesten,
Kühlhosen, Stirn- und Nackenbänder. - Tragen Sie leichte und durchlässige Funktionskleidung.
- Achten Sie auf eine gute Klimatisierung in geschlossenen
Trainingsräumen.
Spastik
Spastik beschreibt den Zustand eines erhöhten Muskeltonus aufgrund derSchädigung übergeordneter Kontrollzentren. Dieses Symptom der Multiplen Sklerose führt über die Versteifung der Muskulatur zu Bewegungseinschränkungen und Schmerzen. Sehnen und Muskeln können sich dauerhaft verkürzen. Passives und aktives Bewegen sowie bewusstes Stehen wirken diesem Umstand entgegen. Empfehlenswert sind vor allem Wassersport sowie geführte und unterstützte Bewegungen entweder mit Hilfe eines Therapeuten oder mit speziellen Geräten, sogenannten Bewegungstrainern. Diese motorisierten Ergometer ermöglichen ein passives Bewegen von Armen und Beinen. Die Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für
Neurologie Diagnose und Therapie der Multiplen Sklerose aus dem Jahr 2014 empfiehlt bei Spastik ausdrücklich aktives Training, zum Beispiel auf dem Laufband.
Fatigue
Die abnorme Ermüdbarkeit und Erschöpfung bei körperlicher oder geistiger Aktivität ist eines der MS-Symptome, das die Lebensqualität dauerhaft und deutlich beeinträchtigt. Von Fatigue Betroffene müssen gegebenenfalls
ausreichende Pausen in ihren Alltag einbauen, sollten sich aber auch körperlich betätigen! Bewegungsmangel führt dazu, dass sich die Fatigue verschlimmert. Wichtig ist die Erkenntnis, dass eine leichte "Ermüdung" beim Training durchaus gewollt und notwendig ist, um Trainingserfolge zu erreichen. Das Aufraffen zum Sport wirkt also der Fatigue entgegen! Wie im Alltag sollten Sie allerdings auch beim Sport Pausen machen. Dann können Sie in der Summe mehr leisten und müssen sich nicht verausgaben. Hilfreich ist eine sportliche Betätigung, die in ihrer Intensität die eventuell verminderte Leistungsfähigkeit berücksichtigt. Mit regelmäßigem Ausdauertraining verbessern Sie Ihre maximale Sauerstoffaufnahme und die Lungenfunktion und damit deutlich Ihr subjektives Wohlbefinden. Der Aufenthalt an der frischen Luft unterstützt das noch zusätzlich. Geeignet sind Ausdauersportarten wie Nordic Walking, Schwimmen oder Radfahren; aber
auch Kräftigungstraining hilft gegen die Fatigue.
Schwächung der Muskulatur
Durch entzündliche Läsionen im motorischen System haben Menschen mit MS oft eine reduzierte Maximalkraft (größtmögliche Kraft, die die Muskeln gegen einen Widerstand ausüben können), Kraftausdauer (Fähigkeit, über
längere Zeit hohe Kraft zu leisten) oder Schnellkraft (Fähigkeit, in bestimmter Zeit einen möglichst großen Impuls zu erzeugen). Betroffen sind häufig die unteren Extremitäten. Das Problem besteht oft darin, dass der Kraftverlust zu Bewegungsarmut und damit zu weiterem Muskelabbau führt – auf diese Weise treten MS-Erkrankte oft in einen Teufelskreis ein. Lassen Sie sich daher nicht entmutigen, sondern beginnen Sie mit einem leichten Kräftigungstraining, zum Beispiel Gerätetraining im Fitnessstudio oder auch gymnastischen Übungen zu Hause. Wenn Sie dies regelmäßig durchführen, hilft es, Kraft aufzubauen und zu erhalten und so dem Teufelskreis zu entkommen.
Ataxie
MS-Erkrankte, die von Ataxie betroffen sind, leiden unter Störungen der Bewegungskoordination, zum Beispiel beim Gehen, Schreiben oder Essen. Sie taumeln, schwanken oder haben Schwindelgefühle. Aus Angst oder Scham vermeiden viele MS-Erkrankte dann zunehmend, sich in der Öffentlichkeit zu bewegen. Hier hilft es, bewusst rhythmische und langsame Bewegungen zu trainieren. Bewegungslehren wie Tai Chi, Yoga oder Qi Gong leisten dazu gute Dienste. Lassen Sie sich von Ihrem Physiotherapeuten oder Trainer Übungen für Koordination und Gleichgewicht zeigen, die darauf abzielen, den Körperschwerpunkt bewusst zu verlagern und zu kontrollieren. Auch Entspannungstechniken wie Progressive Muskelentspannung oder Autogenes Training können helfen, die Beschwerden zu mildern.
Psychologische Aspekte
Wer regelmäßig Sport treibt, kennt das Phänomen: Es fällt oft schwer, sich zum Training aufzuraffen. Allzu verlockend scheint der Abend auf dem Sofa. Aber nach dem Sport fühlt man sich gut und ist dankbar für die positiven Effekte. Regelmäßige Bewegung steigert das Selbstwertgefühl und das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Sie werden merken, dass Sie Stress leichter verarbeiten und besser mit den Schwierigkeiten des Alltags umgehen können. Sport macht Spaß, fördert die gute Laune, stärkt die Vitalität und lässt Sie gelegentlich sogar die Zeit vergessen. Das wirkt sich auch positiv auf Ihren Umgang mit der MS aus.
Soziale Aspekte
MS-Erkrankte – vor allem jene mit stärkerer Symptomatik – ziehen sich häufig aus dem gesellschaftlichen Leben zurück. Das beeinträchtigt die Lebensqualität und verstärkt psychische Symptome wie zum Beispiel Depressionen. Wer Sport treibt, orientiert sich wieder nach außen. Gerade beim Sport in der Gruppe können MS-Erkrankte neue Kontakte knüpfen. Der Spaß am gemeinsamen Tun steht im Vordergrund und die Unterstützung durch andere motiviert. Wenn Sie mit anderen Menschen ein gemeinsames Hobby teilen, beschäftigen Sie sich nicht nur mit Ihrer Krankheit, sondern nehmen am gesellschaftlichen Leben teil. Ob im Sportverein, mit Freunden, in der Rollstuhlsportgruppe oder im Club: Gemeinsame Bewegung macht glücklich!
Wir stellen hier eine Auswahl an Sportarten in alphabetischer Reihenfolge vor. Jeder Abschnitt beleuchtet das, was den Sport ausmacht und jene Aspekte, die speziell für Menschen mit Multipler Sklerose relevant sind.
Aqua-Gymnastik
Mit einer großen Bandbreite an Übungen kräftigt und mobilisiert Aqua Gymnastik den Körper. Darüber hinaus ist sie ein effektives Herz-Kreislauf-
Training. Nach Bedarf werden Trainingsgeräte wie Schwimmnudeln, Wasserhanteln oder Schwimmteller eingesetzt. Diese Hilfsmittel können den Wasserwiderstand erhöhen und somit zu einem stärkeren Kräftigungseffekt
führen. Sie dienen aber auch zur Entlastung einzelner Körperpartien, wenn Sie beispielsweise den Oberkörper in eine Schwimmnudel einhängen. MS-Erkrankte können mit Aqua-Gymnastik speziell ihr Gangmuster und ihre Ausdauer verbessern. Geschwächte Muskeln lassen sich gezielt trainieren und dehnen, etwa die Bein- und Rumpfmuskulatur. Aqua-Gymnastik macht vor allem in der Gruppe und mit Musikuntermalung viel Spaß.
Bewegungslehren
Wer den hohen Anforderungen im Alltag und Beruf etwas entgegensetzen und Körper und Seele etwas Gutes tun möchte, könnte mit einer der folgenden Entspannungs- und Bewegungslehren auf dem richtigen Weg sein. So unterschiedlichen Ursprungs sie auch sind, haben sie doch einiges gemeinsam: Sie stärken das innere Gleichgewicht, erhöhen die Körperwahrnehmung und können MS-Symptome wie Spastik, Depressionen
oder Fatigue lindern. Auf sanfte Weise fördern sie, ohne zu überfordern. Daher sind sie auch für Menschen mit stärkeren Einschränkungen geeignet. Jede Methode hat ihren eigenen Weg, um die Möglichkeiten des Körpers
positiv zu beeinflussen sowie Beweglichkeit, Selbstvertrauen und Lebensfreude zu stärken. Das hilft, eigene Kraftquellen zu entdecken und mit den Schwierigkeiten des Alltags besser zurecht zu kommen. MS-Erkrankte, die sich für eines der Konzepte interessieren, sollten sich im Vorfeld gründlich darüber informieren und gegebenenfalls eine Probestunde nehmen, denn die
Ansätze sind sehr vielfältig, mit eigener Ausprägung und unterschiedlichen Anforderungen an den Übenden.
Eutonie
"Wohlspannung" heißt Eutonie übersetzt – eine Methode, die den ganzen Menschen in den Blick nimmt und auf dem Wechselspiel zwischen Nervensystem, Skelett und Muskulatur basiert. Sie schult Körperbewusstsein, Bewegungsfähigkeit, Konzentration und das Gedächtnis. MS-Erkrankte lernen, die eigene Körperspannung flexibel der jeweiligen Situation anzupassen und optimale Bewegungsabläufe zu entwickeln.
Feldenkrais
Das ganzheitliche Bewegungskonzept lehrt die intensive Wahrnehmung von Körper und Geist. Es beinhaltet aktiv-passiv Übungen, die bei MS-Erkrankten die Bewegungsqualität verbessern können. Sie lernen, dem eigenen
Körper zu vertrauen und seine Bewegung flexibel an die jeweilige Situation anzupassen. Feldenkrais fördert Stabilität und Aktivität durch eine verbesserte Körperwahrnehmung und eine ökonomische Bewegungsweise.
Qigong
Diese alte chinesische Meditations-, Konzentrationsund Bewegungsform fördert und erhält Gesundheit und Wohlbefinden. Qigong erweitert die Beweglichkeit, wirkt positiv auf die Stimmung, erhöht die körperliche Aufmerksamkeit und hilft, den Alltag gelassener zu bewältigen.
Qigong-Übungen sind eine harmonische Verbindung von Atem, Vorstellungskraft und Bewegung, mit dem Ziel, die Lebensenergie Qi zu aktivieren.
Tai Chi
Das chinesische "Schattenboxen" diente früher zur Selbstverteidigung, heute überwiegend zur Entspannung und Körperbeherrschung. Es wird häufig als zusätzlicher Therapieansatz bei chronischen Erkrankungen wie MS empfohlen. Die langsamen, harmonischen und fließenden Bewegungsabläufe wirken positiv auf Gleichgewicht und Koordination. Sie stärken Rumpf-, Rücken- und Haltemuskulatur, vermindern Spastik und verbessern die Atmung.
Yoga
Entstanden aus einer indischen Tradition, verbindet Yoga Atmung und Bewegung mit dem Ziel, eine ganzheitliche Entspannung zu erreichen sowie Körper und Geist in Einklang zu bringen. Die Bewegungs- und Haltungsübungen können sanft, aber auch fordernd sein. Zu den positiven
Effekten zählen eine Verbesserung der Atmung, Stressabbau, erhöhte Koordination und Beweglichkeit, allgemeine Kräftigung und ein Training der gesamten Muskulatur.
Fitness/Aerobic
Aerobic ist ein dynamisches Ganzkörpertraining in der Gruppe mit rhythmischen Bewegungen zu schneller Musik. Ein Trainer führt die in einer Choreografie zusammengestellten Übungen vor, die hauptsächlich
Ausdauer und Koordination trainieren. Puls- und Atemfrequenz beschleunigen sich und das Herz-Kreislauf- System wird gestärkt. Weil Arme und Beine gleichzeitig bewegt werden, schulen MS-Erkrankte auch Gleichgewicht
und Konzentration. Bei eingeschränkter Bewegungsfähigkeit oder Fatigue sollten sie ihre Trainingseinheiten in mehrere kürzere Sequenzen aufteilen.
Gerätetraining
Gerätetraining im Fitnessstudio kann entweder als reines Fitness- und Krafttraining durchgeführt werden oder als medizinische Trainingstherapie.
Die Geräte sind individuell einstellbar und ermöglichen es, die Leistungsfähigkeit auf vielen Ebenen zu steigern. Ob Laufband, Ergometer oder Seilzug – trainiert werden vor allem Ausdauer, Koordination, Kraft und
Gleichgewicht.
Der Vorteil ist, dass in guten Studios immer Trainer vor
Ort sind, die auf Wunsch mit den Mitgliedern gemeinsam Trainingspläne aufstellen und die korrekte Ausführung der Übungen erklären. MS-Erkrankte mit schwerer Symptomatik können am motorunterstützten Bewegungstrainer Oberkörper, Beine und Arme bewegen und lockern und ihre Beweglichkeit verbessern (siehe Broschüre Gerätetraining und Klettern, 2012).
Golf
Wer Sport und Ausgleich an der frischen Luft vereinen möchte, findet dieses beim Golfen. Auf dem Golfplatz muss der Spieler einen Ball mit möglichst
wenigen Schlägen in ein Loch spielen, wobei verschiedene Golfschläger zum Einsatz kommen. Positiver Aspekt für MS-Erkrankte: Sie können ausdauernd gehen ohne Zeitdruck. Bei Gehschwierigkeiten kann der Golfwagen
(Caddy) eine sinnvolle Unterstützung sein. Golf spielen schult Konzentration und Ausdauer sowie die Hand-Auge-Koordination. Während des Bewegungsablaufes trainieren Golfspieler ihre Rumpf- und Armmuskulatur
und üben die Koordination des gesamten Körpers.
Gymnastik
Wer beweglich bleiben will, muss sich bewegen. Eine Möglichkeit, den Körper regelmäßig zu trainieren, ohne dabei die Gelenke zu überfordern, ist Gymnastik. Unter dem Begriff Gymnastik sind verschiedene
Dehnungs- und Kräftigungsübungen zusammengefasst, die der Erhaltung und Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit sowie der Verletzungsprophylaxe dienen. Diese können unter anderem die Wirbelsäule mobilisieren, die Muskulatur stärken, den Gleichgewichtssinn schulen und die Elastizität erhöhen.
Gymnastik kann in jedem Alter und körperlichen Zustand betrieben werden, da die Belastungen einzelner Übungen gut steuerbar sind. Durch die enorme Bandbreite an Bewegungsmöglichkeiten ist Gymnastik für MS-Erkrankte besonders gut geeignet, um die Beweglichkeit zu erhalten,
Körperkontrolle zu entwickeln sowie Koordination, Kraft und Ausdauer zu trainieren. Einzelne Einheiten lassen sich gut zwischendurch in den Alltag einbauen. Schon zehn bis fünfzehn Minuten täglich genügen.
Kampfsport
Asiatische Kampfsportarten wie Taekwondo, Karate, Aikido, Judo, Kung Fu
oder Jiu-Jitsu blicken auf eine lange Tradition zurück. So verschieden die Namen auch sein mögen, so einheitlich ist der Grundgedanke dieser Sportarten: Es geht vorwiegend um die waffenlose Selbstverteidigung durch Einsatz des eigenen Körpers. Durch blitzschnelle Aktionen
weicht man einem Angreifer aus und lenkt die Kraft des Gegners gegen ihn selbst. Als Verteidigungsmittel dienen die bloßen Hände und Füße sowie spezielle Wurf-, Griff-, Tritt-, Schlag- und Stoßtechniken. Dabei werden
alle Muskelgruppen des Körpers trainiert. Kampfsport hält nicht nur Körper und Geist fit, sondern baut Stress ab und Selbstbewusstsein auf. Er fördert
durch präzise Bewegungsabläufe neben Körperbeherrschung, Konzentration, Reaktion und Gleichgewicht auch die Beweglichkeit. Qualitäten, die auch für MS-Erkrankte einen hohen Stellenwert haben. Da die Techniken schnell
und kraftvoll ausgeführt werden müssen, ist Kampfsport in der Regel jedoch eher für Menschen mit geringer MS-Symptomatik geeignet. Eine fachliche Ausbildung gibt es in Vereinen, Kursen oder Kampfsportschulen.
Kanufahren/Paddeln
Kanufahren ist ein facettenreicher Sport für Jung und Alt. Je nach Vorliebe und persönlichem Wohlbefinden kann man beim Paddeln das Naturerlebnis
oder die sportliche Leistung in den Vordergrund stellen. Ob auf einem See, auf kleinen Flüssen, im Wildwasser oder auf dem Meer – vom Wasser aus eröffnen sich ganz neue Perspektiven auf Landschaft und Umgebung.
Grundsätzlich wird beim Kanufahren zwischen zwei Bewegungsformen unterschieden: das gleichmäßige Paddeln mit einem Doppelpaddel im Kajak sowie das einseitige Paddeln mit dem Stechpaddel im Kanadier oder Drachenboot.
Paddeln schult Gleichgewichtssinn sowie Koordination und trainiert vor allem die Rumpf- und Armmuskulatur. Durch die Wahl der entsprechenden Technik und des individuellen Tempos kann die Belastung relativ gut gesteuert
werden. In Zweier- oder Mannschaftskanus wird Paddeln zu einem Gemeinschaftserlebnis.
Für MS-Erkrankte, die sich in der freien Natur bewegen möchten, ist Kanufahren ein idealer Sport, da sie sich je nach Leistungsvermögen fit halten können. Durch die Schulung des Gleichgewichts und die rhythmischen Bewegungsabläufe können Symptome wie Spastik oder Ataxie abgeschwächt werden.
Klettern
Klettern ist ein effektives Ganzkörpertraining, das Kraft und Ausdauer erhöht und das Selbstvertrauen stärkt. Regelmäßiges Training am Fels oder in der Halle aktiviert ein komplexes Bewegungsmuster, das abwechselnd statische und dynamische Muskelarbeit erfordert und die Arm-Bein-Koordination fördert.
Grundsätzlich kann jeder MS-Erkrankte klettern, solange er die Beine noch geringgradig bewegen kann und noch etwas Kraft in den Armen hat. Neben dem sportlichen Klettern im Freien, in Klettergärten oder -hallen, können
MS-Erkrankte auch besonders beim therapeutischen Klettern Erfolge erzielen. An einer Holzwand, an der spezielle Haltegriffe angebracht sind, können die Teilnehmer einzelne Bewegungsabläufe knapp über dem Boden mit Hilfe eines Therapeuten trainieren. Das Sicherungsseil dient dabei nicht nur der reinen Sicherheit, sondern ist auch eine Kletterhilfe. Schwer betroffene MS-Erkrankte können ein Gewichtsentlastungssystem mit Gurt einsetzen, um zusätzlich Sicherheit zu erhalten. So kann symptomspezifisch gearbeitet werden. Wer sportlich klettert, benötigt einen Partner zum Sichern. Häufig schließen Interessierte sich zu Klettergruppen zusammen und profitieren,
neben dem sportlichen Erfolg, auch von der Gemeinschaft. Auf der Internetseite www.ms-ontherocks.de gibt es ein Verzeichnis von Klettergruppen in Deutschland.
Laufen/Joggen
Mehr als zehn Millionen Menschen in Deutschland halten sich mit dem Volkssport Nummer eins fit: dem Laufen. Sind die Sportschuhe geschnürt,
geht es für viele Hobby-Sportler auf die Lieblingsstrecke im Wald oder um den See. Dabei werden neben dem Herz-Kreislauf-System auch die Ausdauer und die physische Leistung des Körpers trainiert. MS-Erkrankte berichten davon, dass Joggen ihnen geholfen hat, die Fatigue zu bekämpfen. Joggen auf Waldwegen ist abwechslungsreicher und gelenkschonender, aber durch etwaige Unebenheiten und Steine auch anspruchsvoller für das Gleichgewicht. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, kann auf asphaltierten Wegen beginnen. Gemeinsames Joggen in Laufgruppen macht besonders viel Spaß und führt zu neuen Bekanntschaften.
Nordic Walking
Nordic Walking ist ein gesundheitsorientiertes Ausdauertraining, das auf schonende Weise viele Muskelgruppen des Körpers aktiviert. Das
zügige Gehen mit zwei Stöcken fördert die Beweglichkeit von Schultergürtel und Brustkorb, trainiert die Gehfähigkeit, das Gleichgewicht sowie das Herz-Kreislauf-System und kräftig die Arm- und Rumpfmuskulatur. Nordic Walking ist für MS-Erkrankte besonders geeignet, weil das Gehen mit Stöcken zusätzlichen Halt gibt. Wer von Ataxie und Gleichgewichtsstörungen betroffen ist, gleicht mit dem gezielten Stockeinsatz zusätzlich Koordinationsstörungen
aus und schont die Gelenke. Insgesamt sind noch mehr Muskeln gefordert als beim reinen Walking: 90 Prozent der Körpermuskulatur wird aktiviert, und ganze Muskelketten werden trainiert. Durch den Einsatz der Stöcke
ist der Rumpf stärker beteiligt, was vor allem bei MS-Erkrankten mit Rückenproblemen empfehlenswert ist.
Radfahren
Radfahren ist mehr als ein Sport. Die Fortbewegung auf dem Fahrrad vereint das Schöne mit dem Nützlichen, bietet Erholung, Training,
Mobilität und Gemeinschaft. MS-Erkrankte, die Schwierigkeiten mit dem Gehen haben, können häufig mit dem Fahrrad wieder längere Strecken zurücklegen. Radfahren stärkt Ausdauer und Kraft und wirkt der motorischen Fatigue entgegen. Das Herz-Kreislauf-System wird aktiviert. MS-Erkrankte können ihren Gleichgewichtssinn trainieren und jene Muskeln, die für das Gehen bedeutend sind, zum Beispiel in den Oberschenkeln und Waden.
Die Möglichkeit, auf dem Rad gemeinsam mit anderen unterwegs zu sein, ist zudem ein wirksames Mittel gegen Depressionen und soziale Vereinsamung.
Pedelec
In Deutschland ist es derzeit eines der angesagtesten Fahrzeuge: Das Pedelec ist ein Fahrrad, bei dem bei Bedarf ein Elektromotor zugeschaltet werden kann. MS-Erkrankte können hiermit dem Ausdauerproblem oder der
motorischen Fatigue entgegenwirken. Vor allem in hügeligem Gelände ist das Pedelec eine gute Alternative zum herkömmlichen Fahrrad.
Dreirad/Trike
Weniger bekannt, aber ideal bei Gleichgewichtsproblemen, ist das Dreirad für Erwachsene (Trike). Weil das Rad fest steht, ist das Aufsteigen deutlich leichter als beim Zweirad. MS-Erkrankte können sich, selbst wenn das
Gehen und das normale Fahrradfahren Schwierigkeiten bereiten, mit dem Dreirad noch ein hohes Maß an Mobilität erhalten und gegebenenfalls die Nutzung eines Rollstuhls hinauszögern. Auch Dreiräder sind mit Motor erhältlich.
Reiten
Beim Reiten wird der ganze Körper aktiv, und der Reiter wirkt gezielt auf das Tier ein. Reiten kann als Freizeitsport oder Wettkampfsport
betrieben werden. Am Besten erlernt man es in einem Verein mit ausgebildeten Reitlehrern. Reiten fördert Ausdauer, Muskelaufbau sowie Gleichgewichts- und Körpergefühl. Koordination, Balance und Konzentration sind dabei Kernqualitäten.
Über den Pferderücken werden dreidimensionale Schwingungen auf den Reiter übertragen. Positiver Effekt: Die dabei entstehenden Impulse ermöglichen ein gezieltes Training der Halte- und Rumpfmuskulatur sowie die Regulierung der Muskelspannung. Menschen mit MS können durch Reiten ihr Gleichgewicht trainieren sowie ihre Ausdauer, ihre Beweglichkeit und ihre Koordination verbessern. Dies wiederum kann sich positiv auf ihre Symptomatik auswirken. Außerdem wird Reiten als therapeutische Sportart eingesetzt. Die Hippotherapie zum
Beispiel ist eine Form der Physiotherapie, bei der der Patient auf dem Rücken des Pferdes von den Schwingungsimpulsen profitiert, ohne selbst aktiv zu werden.
Rollstuhlsport
Menschen mit MS, die auf den Rollstuhl angewiesen sind, können sich sportlich ebenso engagieren wie jeder andere. Viele Sportarten lassen
sich im Rollstuhl ausüben. Der Deutsche Rollstuhl-Sportverband listet 28 Sportarten auf, in denen Rollstuhlnutzer aktiv werden können. Dazu gehören Sommer- und Wintersportarten, Kampf-, Wasser-, Ballsport und Trendsportarten wie Actionsport oder ChairSkating. Die Anforderungen
sind dabei sehr unterschiedlich. Während zum Beispiel beim Bogenschießen Konzentration, Koordination und Oberkörperspannung wichtig sind, ist Rollstuhlbasketball körperlich und konditionell sehr fordernd und anstrengend.
Ebenso wie bei Menschen, die nicht auf den Rollstuhl angewiesen sind, sollte die gewählte Sportart zur Persönlichkeit passen. Während der eine sich gerne rhythmisch bewegt, sucht der andere vielleicht eher den Wettkampf, das Spiel, Ausdauer oder Entspannung. Grundsätzlich kann jeder Rollstuhlfahrer Sport betreiben. Bei allen Sportarten gilt: Neben den spezifischen Bewegungen oder Fertigkeiten, die der Sportler für die Ausübung beherrschen muss, sollte er grundsätzlich den Körpereinsatz und die Mobilität im Rollstuhl trainieren. Dazu muss dieser optimal an den Nutzer angepasst sein. Für einige Sportarten wie Ballsport oder Leichtathletik gibt es spezielle Rollstühle, die zum Beispiel wenig Rollwiderstand haben oder besonders wendig und kurvensicher sind.
Rollstuhlsport hat – auch besonders für MS-Erkrankte – viele positive Effekte. Er bietet ein effektives Muskeltraining an Armen, Rumpf, Bauch oder Rücken, steigert Kraft und Ausdauer und stärkt dadurch das Herz-Kreislauf-System. Das Miteinander im Verein oder der Gruppe hat einen positiven Einfluss auf die Psyche und fördert die Teilnahme am sozialen Leben – vor allem dort, wo Menschen mit und ohne Handicap gemeinsam trainieren.
Rudern
Es gibt kaum eine Sportart, die wie Rudern nahezu alle Muskelgruppen aktiviert. Rudern bietet einen idealen Mix aus Ausdauer-, Kraft- und Koordinationstraining und kann sowohl als Individual- als auch als
Mannschaftssport betrieben werden. Die Bootspalette reicht vom Einer bis zum Achter. Naturverbundene Wassersportler können zu fast jeder Jahreszeit Flüsse und Seen mit dem Boot erleben.
Da der ganze Körper an der Bewegung beteiligt ist, ist Rudern auch für MS-Erkrankte ein empfehlenswerter Sport. Ein moderates Tempo gepaart mit geringem Krafteinsatz kann Überanstrengung verhindern. Ähnlich wie das Kanufahren, kann sich auch Rudern positiv auf Symptome wie Spastik, Ataxie und Muskelschwäche auswirken. Da Rudern ein geringes Verletzungsrisiko birgt und schonend alle Muskelgruppen beansprucht, eignet es sich auch für MS-Erkrankte mit geringem Fitnessgrad. Mit steigender Ausdauer können auch positive Auswirkungen auf eine MS-bedingte Fatigue zu spüren sein.
Schwimmen
Beim Schwimmen ist das Wasser der Trainingspartner und ermöglicht eine Bewegung, die das Herz-Kreislauf- System anregt, ohne zu überfordern. Bewegungsabläufe können im Wasser aufgrund des Auftriebs einfacher trainiert werden. Schwimmen kräftigt Schultergürtel, Armund
Rumpfmuskulatur und kann Spastiken lockern. Es schont die Gelenke und trainiert Koordination und Ausdauer.
Die unterschiedlichen Temperaturreize fördern Durchblutung und Stoffwechsel und stärken zusätzlich die Immunabwehr. Ob Brust-, Rücken, Kraul- oder Schmetterlingsstil – Schwimmen ist eine ideale Sportart für Menschen mit MS, denn die Bewegungen fallen im Wasser leichter als an Land, und das kühle Wasser verhindert das bei sportlicher Überhitzung häufig auftretende Uhthoff- Phänomen.
Skifahren
Wer sich für das alpine Skifahren entscheidet, stärkt das Herz-Kreislauf-System, die Muskulatur, Kondition und Koordination. Der Sport erfordert
allerdings eine solide Grundfitness und eine gute Ausrüstung, um sicher und mit Freude die Hänge herunterfahren zu können. Generell sollte man nur gut vorbereitet und möglichst in Begleitung auf die Piste gehen.
Das gilt natürlich auch für Menschen mit MS. Dann ist das alpine Skifahren ein aktives Naturerlebnis, das Psyche und Körper langfristig positiv beeinflussen kann. Für Skifahrer mit Einschränkungen gibt es Hilfsmittel wie zum Beispiel Krückenski, den Ski-Bob, auf dem man wie auf einem Fahrrad sitzt oder Bi-Ski, mit denen Rollstuhlfahrer geschoben werden können.
Ski-Langlauf ist ein Ausdauersport, bei dem MS-Erkrankte Schwächen der Beine durch verstärkten Oberkörpereinsatz kompensieren können. Das Gleiten auf Skiern durch den Schnee in einer vorgespurten Loipe beansprucht alle Muskelgruppen, ist gelenkschonend und ein optimales Herz-Kreislauf- und Krafttraining. Auch hier kann sich die Bewegung an der frischen Winterluft positiv auf das Wohlbefinden auswirken.
Tanzen
Zur Musik bewegen und die Freude am Rhythmus erleben und genießen – ob
Standardtanz oder Lateinamerikanischer Tanz, Disco- Fox oder Squaredance: Tanzen ist Lebensfreude, auch mit MS. Nicht nur das Herz-Kreislauf-System und der Rücken werden dabei gestärkt. Tanzen kräftigt die Muskulatur
der Beine, Arme und Schultern und lockert den gesamten Körper. Das Erlernen von bestimmten Bewegungsabläufen fördert die Koordinationsfähigkeit und trainiert gleichzeitig die Gedächtnisleistung. Wenn Sie einen Partner haben, der nicht an MS erkrankt ist, können
Sie beim Tanzen die Freude an gemeinsamer Aktivität ganz neu entdecken.
Tauchen
Viele Menschen, die bereits einmal Tauchen waren, berichten von einem Gefühl der Freiheit. Die Geräusche der restlichen Welt sind für
eine Weile völlig ausgeblendet, und das Wasser verleiht ein Gefühl von Schwerelosigkeit. Auch für MS-Erkrankte wirkt Tauchen wie eine umfassende Körpertherapie, die die Muskulatur kräftigt: Die Gelenke bewegen sich, die
Körperlage verändert sich ständig, die Lunge wird belüftet und der Kreislauf angeregt. Voraussetzung zum Tauchen ist, dass das Herz-Kreislauf-System, Atemwege, Stirn-, Nebenhöhlen und Ohren in Ordnung sind. Am
Anfang steht immer ein Einführungskurs, der Theroriestunden, erste Übungen im Becken und die Ausbildung im Freiwasser beinhaltet. Eine gute Ausrüstung und ein zuverlässiger Tauchbegleiter (Buddy) sind unerlässlich.
Auch schwer betroffene MS-Erkrankte können diesen Sport ausüben. Die International Association for Handicapped Divers (IAHD) sowie die Handicapped Scuba Association (HSA) fördern das Tauchen für körperbehinderte Menschen.
Teamballsport
Zu den Teamballsportarten zählen unter anderem Volley-, Basket-, Hand- und auch Fußball. Sie zeichnen sich durch schnelle Richtungs- sowie Tempowechsel aus. Zudem sind Ausdauer, Koordination und eine sichere Körperbeherrschung wichtig. Der Teamballsport eignet sich daher eher für MS-Erkrankte, die weitestgehend symptomfrei sind. Durch regelmäßiges Training profitieren sie nicht nur von dem Erhalt ihrer motorischen Fähigkeiten, sondern tun gleichzeitig aktiv etwas für ihre Psyche. Das Ausdauertraining infolge der hohen Laufleistung hat nachweislich eine antidepressive Wirkung. Das Zugehörigkeitsgefühl zu einer Mannschaft kann diesen Effekt verstärken, bringt neue soziale Kontakte mit sich und steigert so ein Stück weit die Lebensqualität.
Tennis
Ballgefühl, koordinative Fähigkeiten und eine gute Reaktion. Darauf kommt es beim Tennis besonders an. Da auch Schnelligkeit und rasche Richtungswechsel eine wichtige Rolle spielen, ist diese Sportart eher für MS-Erkrankte mit leichter Symptomatik geeignet. Tennis trainiert Laufbewegungen und Koordination von Körper- und Augenbewegung. Es fördert die Beweglichkeit und stärkt die Muskulatur von Ober-, Unterarmen und Beinen. Kleiner Tipp: Das Spielen auf einem Ascheplatz ist schonender für die Gelenke als beispielsweise auf einem Hartplatz. Wer bereits Tennis spielt und den Sport auch bei zunehmender körperlicher Beeinträchtigung nicht aufgeben möchte, für den sind das Spiel im Doppel oder Standtennis eine gute Alternative.
Tischtennis
Tischtennis ist eine Ballsportart, für die eine Tischtennisplatte, eine Netzgarnitur, ein Tischtennisball und pro Spieler ein Schläger benötigt
werden. Bezogen auf die Zeit zwischen zwei Ballkontakten gilt Tischtennis als die schnellste Rückschlagsportart der Welt. Ob im Stehen oder im Rollstuhl – Tischtennis trainiert die Kondition und stärkt die Konzentration sowie
die kognitiven Fähigkeiten. Es ist ein gutes Augenmuskeltraining und kräftigt die Rückenmuskulatur. Sportbegeisterte können bis ins hohe Alter mit dem Schläger aktiv sein, auch wenn sie erst spät damit begonnen haben.
Und Tischtennis verbindet: Menschen mit und ohne MS-Diagnose sowie mit und ohne Einschränkungen können gut zusammen spielen. Tischtennisplatten finden sich vielerorts, zum Beispiel in der Sporthalle, im Hobbykeller,
auf Spielplätzen oder in der Jugendherberge. Für MS-Erkrankte mit stärkeren Symptomen ist vieles möglich: So gibt es zum Beispiel für Spieler, die den Schläger nicht mehr gut halten können, Spezialschläger, die an der Hand befestigt werden.
Andreas Engelen
Diplom-Physiotherapeut, Watsu-Praktizierender.
Kliniken Schmieder Heidelberg.
Klaus Gusowski
Physiotherapeut.
Leitender Physiotherapeut im Neurologischen Rehabilitationszentrum Quellenhof in Bad Wildbad.
Sabine Lamprecht
Physiotherapeutin, Master of Science Neurorehabilitation.
Fachkompetenzleiterin Motorik Kliniken Schmieder.
Hans Lamprecht
Physiotherapeut.
HSH Praxis Lamprecht.
Prof. Dr.med. Mathias Mäurer
Chefarzt der Neurologie im Krankenhaus Juliusspital Würzburg.
Thomas Schick
Halliwick Lecturer.
Rehazentrum Wilhelmshaven.
Dr. Alexander Tallner
Sportwissenschaftler
Akademischer Rat am Institut für Sportwissenschaft und Sport in Erlangen.