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Was ist Multiple Sklerose (MS)?

Hier können Sie sich über Grundlagen, Symptome, Verlauf und Diagnose von Multipler Sklerose informieren.

Multiple Sklerose (MS) ist eine entzündliche Erkrankung des Zentralen Nervensystems, die das Gehirn und das Rückenmark umfasst und meist im frühen Erwachsenenalter beginnt. Die Krankheit lässt noch viele Fragen unbeantwortet und ist in Verlauf, Beschwerdebild und Therapieerfolg von Patient zu Patient so unterschiedlich, dass sich allgemeingültige Aussagen nur bedingt machen lassen. Aus diesem Grund ist MS auch als "Krankheit mit den 1000 Gesichtern" bekannt.

Wichtig: Multiple Sklerose ist nicht ansteckend, nicht zwangsläufig tödlich, kein Muskelschwund und keine psychische Erkrankung. Auch die häufig verbreiteten Vorurteile, dass MS in jedem Fall zu einem Leben im Rollstuhl führt, sind so nicht richtig.

Mit den nachstehenden Informationen möchten wir Vorurteile abbauen und ihnen sachliche Informationen entgegenstellen. Für die fachkundige Begleitung bedanken wir uns bei Prof. Dr. med. Andrew Chan, Leiter Universitäres ambulantes Neurozentrum, Inselspital, Universitätsspital Bern (Schweiz) und Mitglied im Ärztlichen Beirat der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft, Bundesverband e.V..

  • Grundlagen der MS
  • Krankheitszeichen / Symptome der MS
  • Die Diagnose: Wie wird MS festgestellt?
  • Wie kann MS verlaufen?
  • Wodurch wird MS verursacht?
  • Therapie und Behandlung
  • Leben mit MS

Schätzungen zufolge leben weltweit ca. 2,8 Millionen Menschen mit MS. Die Verteilung ist nicht gleichmäßig: die Erkrankungshäufigkeit steigt mit der geographischen Entfernung vom Äquator an. In Deutschland leben nach neuen Zahlen des Bundesversicherungsamtes mehr als 280.000 MS-Erkrankte. Jährlich wird bei mehr als 15.000 Menschen MS neu diagnostiziert. Frauen erkranken etwa doppelt so häufig wie Männer. Die Erkrankung wird in der Regel zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr festgestellt – mit geringerer Häufigkeit tritt sie aber auch schon im Kindes- und Jugendalter auf. Erstdiagnosen nach dem 60. Lebensjahr sind selten.

Zu Beginn der MS-Erkrankung treten häufig motorische Störungen auf – wie Lähmungen und Sehstörungen mit Verschwommen- oder Nebelsehen als Ausdruck einer Entzündung der Sehnerven (Optikusneuritis). Daneben kommen oft Gefühlsstörungen der Haut ("Sensibilitäts-Störungen") vor, meist in Form von Kribbeln, (schmerzhaften) Missempfindungen oder einem Taubheitsgefühl. Außerdem können unterschiedlichste Beschwerden wie Blasenstörungen, Unsicherheit beim Gehen oder beim Greifen, Doppelbilder und "verwaschenes" Sprechen auftreten.

Im Verlauf sind die Lähmungserscheinungen häufig mit einem Steifigkeitsgefühl ("wie Blei an den Beinen") verbunden, Spastik genannt. Spastische Lähmungserscheinungen betreffen vor allem die Beine. Blasenstörungen können sich als häufiger, nicht gut kontrollierbarer Harndrang (imperativer Harndrang), einer Blasenentleerungs-Störung bis hin zur Inkontinenz oder als kombinierte Schädigung zeigen.

Daneben können Beschwerden eine wichtige Rolle spielen, die oft nicht gut fassbar und sichtbar sind. Dazu gehören eine abnorme, vorzeitige Erschöpfbarkeit (die sogenannte Fatigue), kognitive Störungen, Einschränkungen bei Aufmerksamkeit, Merkfähigkeit und Konzentration, depressive Verstimmungen und Depressionen, Schmerzen, Schwindel sowie sexuelle Funktionsstörungen.

Unsichtbare und sichtbare Symptome der MS können Erkrankte im Alltag in ihrer Eigenständigkeit und Handlungskompetenz stark beeinträchtigen und die Lebensqualität einschränken.

Das Erscheinungsbild der MS ist sehr vielgestaltig. Die meisten Anfangsbeschwerden können auch denen anderer Krankheiten entsprechen, daher kann es sogar für einen erfahrenen Arzt schwierig sein, die Krankheitszeichen bereits im Frühstadium exakt einzuordnen. Eine gesicherte Diagnose beruht auf einer umfassenden Anamnese, das heißt einer möglichst detaillierten Erfassung der bisherigen Krankheitsgeschichte, und einer Reihe von weiteren Untersuchungen, die zumeist mit folgenden Methoden durchgeführt werden:

  • neurologische, körperliche Untersuchung
  • evozierte Potentiale (Nervenleitfähigkeit und Geschwindigkeit)
  • Lumbalpunktion (Nervenwassergewinnung)
  • Magnetresonanztomographie (MRT, Kernspinresonanz-Tomographie des Gehirns und des Rückenmarkes)

Wie die Teile eines Mosaiks ermöglichen die verschiedenen Untersuchungsergebnisse die Diagnose. Es gibt keinen einzelnen Befund oder Untersuchungstechnik, die alleine die MS sichert. So kann beispielsweise auch bei "typischen" MRT-Veränderungen eine andere Erkrankung zugrunde liegen. Je mehr Teile vorliegen und zusammenpassen, desto sicherer wird das Bild, sprich die Diagnosesicherheit. Zur Orientierung gibt es international anerkannte Diagnosekriterien (die McDonald-Kriterien), die eine Diagnosestellung unterstützen.

Dennoch kann es manchmal Wochen, Monate, zuweilen sogar Jahre dauern, bis die Diagnose eindeutig feststeht. Sollten Sie selbst die Diagnose "MS" erhalten haben, sprechen Sie mit Ihrem Arzt offen über Ihre Zweifel und Ängste. Sagen Sie ihm, ob Sie eine zusätzliche Meinung hören wollen. Das wird sicher nicht in jedem Fall notwendig sein, aber unter Umständen hilft es Ihnen, besser einordnen zu können, ob es sich um eine klinisch eindeutige MS oder zunächst nur um einen MS-Verdacht handelt.

Wichtig ist, dass Sie sich an den Arzt Ihres Vertrauens wenden, falls Sie neue Beschwerden verspüren oder, wenn die ersten Symptome erneut auftreten. Das kann Monate oder Jahre später sein, manchmal sogar ein Jahrzehnt und länger.

Der Verlauf einer MS kann von Patient zu Patient sehr unterschiedlich sein. Deshalb ist es nicht möglich, eine genaue Voraussage des individuellen Verlaufes zu treffen.

Dennoch muss betont werden, dass die MS nicht zwangsläufig schwer verlaufen muss. Im Gegenteil, gerade zu Beginn der Erkrankung kann es zu einer weitgehenden Abheilung der entzündlichen Herde und damit zur Rückbildung der auftretenden Krankheitszeichen kommen.

Nur in wenigen Fällen (unter 5%) führt die Krankheit innerhalb weniger Jahre zu schwerer Behinderung. Aus Verlaufsbeobachtungen kann abgeleitet werden, dass die Wahrscheinlichkeit auch weiterhin einen relativ gutartigen Verlauf zu haben, höher ist, wenn nach 5 oder 10 Jahren das Krankheitsbild stabil ist. Allerdings ist dies aufgrund der Unberechenbarkeit des Krankheitsverlaufs keine sichere "Faustregel" und spricht auch z.B. nicht gegen eine Therapie nach längerem Verlauf.

Zu Krankheitsbeginn überwiegt der schubförmige Verlaufstyp mit einer Häufigkeit von bis zu 90%; nach anfänglich schubförmigem Verlauf gehen nach 10 bis 15 Jahren etwa 30 bis 40% in einen sekundär-chronisch progredienten Verlauf über; nach mehr als 20 Jahren beträgt die Häufigkeit dieser Verlaufsform sogar bis zu 90% (nach: Schmidt/Hoffmann: Multiple Sklerose, 2011). Etwa 10% der Patienten haben von Beginn an einen primär-chronisch progredienten Verlauf, d.h. von Beginn an eine langsame Verschlechterung ohne klare Schübe.

Ganz sicher stellt die Unvorhersagbarkeit des Krankheitsverlaufes eine besondere Belastung für Neuerkrankte und ihre Angehörigen dar. Hinzu kommt, dass viele Patienten durch drastische und meist einseitige Darstellungen der MS in Gesundheitsbüchern und Lexika eher noch verunsichert werden.

Gespräche mit dem Arzt, anderen MS-Erkrankten oder Mitarbeitern der DMSG helfen im konkreten Fall, ein realitätsnahes Bild von der MS zu bekommen.

Den für Sie zuständigen Landesverband finden Sie hier

Die Ursache der MS ist noch nicht geklärt. Vermutet wird ein ganzes Bündel an Ursachen. Während einzelne Faktoren alleine vermutlich nicht die Erkrankung auslösen, scheinen mehrere Bedingungen zusammentreffen zu müssen, um die MS zu verursachen (multifaktorielle Entstehung). Das genaue Zusammenspiel dieser Faktoren ist bislang nicht hinreichend bekannt.

Das Abwehrsystem des Körpers, das Immunsystem, spielt dabei eine zentrale Rolle. Das Immunsystem schützt vor Krankheitserregern, indem es diese unschädlich macht, wenn sie in den Körper eindringen. Bei der MS scheint ein Teilbereich dieses Abwehrmechanismus falsch programmiert zu sein, das heißt, er richtet sich gegen den eigenen gesunden Körper. So kommt es z.B. durch eine Fehlsteuerung innerhalb des Immunsystems zur Bildung von Abwehrelementen (Zellen und Eiweißstoffe/Antikörper, Entzündungsstoffe), die am Myelin, den Nervenzellen und ihren Nervenfasern Schädigungen und Störungen verursachen können.

Auch eine Beteiligung genetischer Faktoren ist nicht ausgeschlossen und wird intensiv erforscht. Das heißt aber nicht, dass es eine direkte Vererbung der Erkrankung gibt - vererbt wird eher eine "Neigung", die Erkrankung möglicherweise zu bekommen, eine sogenannte Prädisposition. Als potentielle Faktoren, die eine solche "Neigung" weiter verstärken können, werden zum Beispiel der Einfluss von Umweltfaktoren wie Infektionen im Kindesalter, aber auch andere Aspekte, wie Vitamin D und die Ernährung vermutet.

Im Zusammenhang mit MS wird häufig von einer Autoimmunerkrankung gesprochen.
So wird dem Immunsystem bei der Entstehung und Ausprägung der MS eine wesentliche Rolle zugeschrieben. Mehr über die Rolle des Immunsystems bei MS lesen Sie hier:

Das Immunsystem

Um das Rätsel Multiple Sklerose zu lösen, wird weltweit intensiv geforscht. Zahlreiche Forscher beschäftigen sich damit, die komplizierten Steuerungsvorgänge des Immunsystems, die Reaktionen des Nervensystems und mögliche Therapieansätze aufzudecken. Die internationalen MS-Gesellschaften, wie der DMSG-Bundesverband haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Forschung zu unterstützen, die Forschungsergebnisse zu sammeln und weiterzuvermitteln sowie das öffentliche Interesse für diesen so wichtigen Forschungsbereich zu wecken und wachzuhalten.

Mehr zur MS-Forschung

Obwohl die Multiple Sklerose bis heute nicht ursächlich heilbar ist, gibt es Behandlungsmöglichkeiten, die zum Ziel haben:

  • die akute Entzündungs-Reaktion eines Schubes zu hemmen (Schubtherapie)
  • das Fortschreiten der Erkrankung aufzuhalten
  • die beschwerdefreie/-arme Zeit zu verlängern (verlaufsmodifizierende Therapie)
  • die MS-Symptome zu lindern und möglichen Komplikationen vorzubeugen (Symptomatische Therapie)

Vor allem die letzten beiden Therapiebereiche werden in der Regel kombiniert angewendet. Dabei können sie für und mit dem Patienten individuell, unter anderem abhängig von Alter, Geschlecht, Lebenssituation und Lebensplanung, sowie Begleiterkrankungen und der gegenwärtigen Krankheitssituation angepasst werden.

Im Bereich der Symptombehandlung stehen neben medikamentösen auch viele nicht-medikamentöse Therapien zur Verfügung: Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, Psychotherapie, neuropsychologische Therapie. 

Mehr zur MS-Behandlung

Verunsicherung – ein besseres Wort gibt es wohl nicht für das, was Menschen mit Multipler Sklerose oft empfinden. Wie geht es weiter im Leben? Kann ich meine privaten und beruflichen Träume und Pläne noch verwirklichen? Was kann ich gegen diese Krankheit tun?

Ein selbstbestimmtes Leben mit MS ist möglich. Hier einige Vorschläge, die vielleicht als Anregung für den persönlichen Lernprozess dienen können.

  • So aktiv bleiben wie möglich, ohne sich dauerhaft zu überfordern
  • Auf die eigenen Fähigkeiten und Stärken konzentrieren, nicht auf Unzulänglichkeiten und Beeinträchtigungen
  • Informiert sein, sich Wissen über die Krankheit und aktuelle therapeutische Optionen aneignen
  • Vertrauen in sich entwickeln und Eigenverantwortung übernehmen
  • Individuelle Leistungsgrenzen definieren und akzeptieren
  • Trauer über den Verlust von Fähigkeiten zulassen, aber dennoch optimistisch nach vorne schauen
  • Verlorengegangene Fähigkeiten kompensieren – durch technische Hilfsmittel, Handlungs- und Problemlösungsstrategien 
  • Verborgene Potenziale entdecken und das Selbstbild neu definieren
  • Neue Lebensziele setzen. Um Hilfe bitten, wenn sie benötigt wird

Weitere Informationen zur MS finden Sie in der Navigation unter "Multiple Sklerose"

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