Eine aktuelle Auswertung aus dem MS-Register der DMSG untersucht, inwieweit Digitale Gesundheitsanwendungen (abgekürzt DiGA) bereits bei Menschen mit Multipler Sklerose Anwendung finden.
Daten aus dem MS-Register: Wer nutzt DiGa (digitale Gesundheitsanwendungen)?
Anhand aktueller Daten aus dem MS-Register wurde untersucht, welche Patienten bereits DiGA nutzen und bei welcher Symptomatik diese vorwiegend zum Einsatz kommen.
Als Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) werden nach § 33 a SGB V digitale Medizinprodukte mit gesundheitsbezogenem Nutzen bezeichnet, wie etwa Gesundheits-Apps. Sie dienen u. a. der Erkennung, Überwachung und Behandlung von Krankheiten, Verletzungen oder Behinderungen. Eine Verordnung kann durch den behandelnden Arzt erfolgen und wird dann von der Krankenkasse erstattet. Teilweise bieten Krankenkassen gegen entsprechenden Nachweis auch eine direkte Kostenerstattung an. Die Verordnung erfolgt meist quartalsweise, kann aber auch für längere Zeiträume erfolgen. Allein für Symptome der MS gibt es bereits zwei zugelassene DiGA:
- Elevida zur Reduzierung der Fatigue. Die App basiert auf Prinzipien der kognitiven Verhaltenstherapie und verwandter psychotherapeutischer Ansätze (z. B. Achtsamkeit). Die Wirksamkeit wurde in einer Studie mit 275 MS-Erkrankten bestätigt. 1
- Levidex zur Therapie von Depression. Die App basiert auf kognitiver Verhaltenstherapie sowie Psychoneuroimmunologie und versucht auch mit praktischen Tipps (Stressbewältigung, Bewegung, gesunde Ernährung) den Umgang mit der Erkrankung zu verbessern.
Darüber hinaus nutzen MS-Erkrankte auch DiGA, welche nicht speziell für die MS entwickelt wurden, etwa um Schlafstörungen zu behandeln.
In der aktuellen Auswertung werden die Daten von Menschen mit MS im MS-Register analysiert, die seit Juli 2022 mindestens eine Visite mit detaillierten Angaben zu nicht-medikamentösen Therapien hatten und hierzu die Information angegeben wurde, ob die an MS erkrankte Person eine DiGA nutzt oder nicht (Ngesamt= 9888).
Die Ergebnisse zeigen, dass DiGA von Menschen mit MS bislang selten genutzt werden. Lediglich für 1,6 % (N=160) der MS-Erkrankten wurde zur letzten Visite eine DiGA-Nutzung angegeben. Beim Blick auf die Demografie zeigt sich, dass DiGA-Nutzer etwas häufiger mittleren Alters sind. So sind 62 % der DiGA-Nutzer zwischen 40 und 59 Jahre alt, während dieser Anteil bei den übrigen MS-Erkrankten im Register nur 52 % beträgt (p=0.04). Im jungen Alter und im Alter über 60 dreht sich dieser Effekt um. Das Geschlechterverhältnis ist ausgeglichen mit 73 % Frauen innerhalb DiGA-Gruppe gegenüber 71 % bei denen, die keine DiGA nutzen. Kleine Unterschiede zeigen sich in der Dauer der Erkrankung und der Verlaufsform, siehe Abbildung 1.
Die Auswertung der deutschen MS-Registerdaten zeigt, dass DiGA-Nutzer einen hohen Leidensdruck haben. Am meisten ausgeprägt ist dieser Effekt bei den sogenannten „unsichtbaren“ Symptomen. Auffällig ist, dass der Effekt nicht auf Fatigue und Depression beschränkt ist, obwohl dies die MS-Symptome mit verfügbaren DiGA sind.
Als Limitation der Auswertung ist zu beachten, dass die Angabe, welche DiGA angewendet wird, keine Pflichtangabe im Register ist und man daher nur eine grobe Einteilung in DiGA-Nutzer und Nicht-Nutzer vornehmen konnte. Eine genaue Zuordnung einer DiGA zu einem oder mehreren Symptomen war daher in der Auswertung nicht möglich. Diese Zuordnung ist im Allgemeinen aber ohnehin schwierig, da DiGA durch Selbstmanagement (insbesondere Lebensstil-Anpassungen) Auswirkungen auf die gesamte Symptomatik haben können. Eine weitere Limitation ist die insgesamt kleine Fallzahl an DiGA-Nutzern im Register. Mögliche Therapieerfolge von DiGA werden vom MS-Registerteam zukünftig longitudinal (über einen längeren Zeitraum) untersucht.
Literatur:
- Pöttgen et al. (2018) Randomised controlled trial of a self-guided online fatigue intervention in multiple sclerosis. Journal of Neurology, Neurosurgery & Psychiatry; 89:970-976.
www.doi.org/10.1136/jnnp-2017-317463 - Heesen et al. (2021) Führt die Nutzung von mhealth-Lösungen (z. B. Apps) im Selbstmanagement der Betroffenen zu besseren Ergebnissen? IQWiG-Berichte Nr. 1360; HTA-Bericht HT19-03
www.iqwig.de/download/ht19-03_apps-zum-selbstmanagement-bei-multipler-sklerose_hta-bericht_v1-0.pdf
Quelle: MS-Register - 30.09.2023
Redaktion: DMSG-Bundesverband - 09.11.2023

