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DMSG Aktuell

Stellungnahme der DMSG zur ethischen Situation bei Mangel an intensivmedizinischen Versorgungsmöglichkeiten bei Multipler Sklerose (Triage)

In einer weiteren Stellungnahme wendet sich die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft, Bundesverband e.V. an medizinische Verbände und Gremien: "Ihre klinisch-ethischen Empfehlungen zu 'Entscheidungen über die Zuteilung intensivmedizinischer Ressourcen im Kontext der COVID-19-Pandemie' haben seit der Veröffentlichung der ersten Version im Jahr 2020 sehr große Besorgnis bei Menschen mit Multipler Sklerose, deren Angehörigen als auch den medizinischen Fachpersonen ausgelöst. Glücklicherweise ist es seit diesem Zeitpunkt unserer Kenntnis nach noch zu keinem Zeitpunkt in einer deutschen Klinik zur Notwendigkeit der sogenannten Triage in Deutschland gekommen. Auch mit der jetzigen Aktualisierung sehen wir uns erneut gezwungen als Vertretung der ca. 250.000 Menschen mit MS in Deutschland Stellung zu nehmen."

Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch entzündliche Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems. MS beginnt im jungen Erwachsenenalter und ist eine lebensbegleitende Erkrankung, die in der Mehrzahl der Fälle viele Jahre ohne eine nennenswerte Behinderung verläuft. Die Lebenserwartung und Lebensqualität ist nahezu normal im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung.

MS-Erkrankte und ihre Angehörigen machen sich derzeit große Sorgen, ob sie bei den aktuell diskutierten Engpässen in der intensivmedizinischen Versorgung als chronisch Kranke bei der sogenannten Triage benachteiligt werden könnten. Im Falle der Triage wird in den Rettungsstellen unterschieden zwischen leicht Erkrankten, die zu Hause behandelt werden können, schwerer Erkrankten, die ein Krankenhausbett benötigen und Schwersterkrankten, die eine intensivmedizinische Behandlung zum Überleben benötigen. Diese Modelle fanden bisher Anwendung in Kriegszeiten, aber auch bei Naturkatastrophen mit vielen Verletzten, Terrorangriffen und auch bei Pandemien.

Die Berichte aus dem Jahr 2020 insbesondere aus unseren europäischen Nachbarländern Italien, Frankreich und Spanien, wo Ärzte in der Corona- Pandemie bereits Entscheidungen im Sinne einer Triage treffen mussten, die Entscheidung also darüber, wer bei Einschätzung seiner Überlebenschancen Zugang zur maximalen Versorgung hat oder aber nicht, haben die Öffentlichkeit insgesamt sehr beunruhigt, insbesondere aber auch MS-Erkrankte, weil eine bereits vorhandene chronische Erkrankung als erhöhtes Risiko für den Verlauf einer COVID-Infektion angesehen wurde.

MS unterscheidet sich jedoch von vielen anderen chronischen Erkrankungen dadurch, dass keine lebenswichtigen inneren Organe wie Herz, Leber, Nieren oder Lunge in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Lebenserwartung ist im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung nahezu normal. Eine bestehende Funktionsstörung des zentralen Nervensystems, auch die Notwendigkeit einen Rollstuhl zu benutzen, kann kein Entscheidungskriterium gegen eine intensivmedizinische Behandlung sein. Die Lebenserwartung von MS Betroffenen und die messbare Lebensqualität normalisiert sich. Selbst schwerer betroffene MS-Patienten sind in aller Regel in der Lage, ein selbstbestimmtes Leben zu führen.

Wir möchten daher ganz ausdrücklich betonen: Für MS-Erkrankte dürfen keine anderen als die für die Allgemeinbevölkerung geltenden Kriterien für eine Einschätzung der Überlebenserwartung bei einer Covid-19-Infektion herangezogen werden. Wir konnten zeigen, dass MS-Erkrankte per se auch bei einer SARS-CoV2- Infektion keinen schlechteren Verlauf gegenüber der Normalbevölkerung aufweist.

Nach dem aktuellen Stand des DIVI-Intensivregister (Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin e.V.; www.intensivregister.de) stehen derzeit ca. 22.000 Intensivbetten zur Verfügung, von denen bundesweit im Schnitt weniger als zwei Betten je Klinik frei sind. In einigen Regionen Deutschlands sind jedoch die Kapazitäten bereits vollständig ausgeschöpft. Die Notfallreserve an Intensivbetten beträgt etwa 9.000 Betten, die in einer Woche aktiviert werden können.

Die DMSG hat sich bisher massiv dafür eingesetzt, dass Menschen, die an MS erkrankt sind, sich gegen das SARS-CoCV2-Virus impfen lassen. Und sehr viele MS-Erkrankte sind diesen Empfehlungen gefolgt und haben das ihre getan, um sich und andere zu schützen.

Wir hoffen zutiefst, dass das deutsche Gesundheitssystem trotz der aktuell äußerst hohen Belastung und bereits notwendiger Transporte von intensivpflichtigen Patienten zu freien Intensivbetten insgesamt in der Lage bleibt, die notwendige Zahl an Beatmungsplätzen und medizinischem Personal zur Verfügung zu stellen, so dass Ärzte diese Entscheidungskriterien über Leben und Tod nicht anwenden müssen und jeder, der einer intensivmedizinischen Behandlung oder auch lebenswichtiger Medikamente bedarf, sicher sein kann diese uneingeschränkt zu erhalten.

 Mit freundlichen Grüßen
 Prof. Dr. med. Judith Haas, Vorsitzende DMSG, Bundesverband e.V.

 

  •  Bitte beachten Sie auch die aktuelle Empfehlung des DMSG-Bundesverbandes zum Thema Patientenverfügung: Mehr

Über die DMSG:

Der DMSG, Bundesverband e.V.: 1952/1953 als Zusammenschluss medizinischer Fachleute gegründet, vertritt die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) die Belange Multiple Sklerose Erkrankter und organisiert deren sozialmedizinische Nachsorge. Die DMSG mit Bundesverband, 16 Landesverbänden und etwa 800 örtlichen Kontaktgruppen ist eine starke Gemeinschaft von MS-Erkrankten, ihren Angehörigen, fast 4.000 ehrenamtlichen Helfern und 276 hauptberuflichen Mitarbeitern. Insgesamt hat die DMSG fast 43.000 Mitglieder. Mit ihren umfangreichen Dienstleistungen und Angeboten ist sie heute Selbsthilfe- und Fachverband zugleich, aber auch die Interessenvertretung MS-Erkrankter in Deutschland. Schirmherr des DMSG-Bundesverbandes ist Christian Wulff, Bundespräsident a.D. Weitere Informationen unter www.dmsg.de Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch entzündliche Erkrankung des Zentralnervensystems (Gehirn und Rückenmark), die zu Störungen der Bewegungen, der Sinnesempfindungen und auch zur Beeinträchtigung von Sinnesorganen führt. In Deutschland leiden nach neuesten Zahlen des Bundesversicherungsamtes mehr als 250.000 Menschen an MS. Trotz intensiver Forschungen ist die Ursache der Krankheit nicht genau bekannt. MS ist keine Erbkrankheit, allerdings spielt offenbar eine genetische Veranlagung eine Rolle. Zudem wird angenommen, dass Infekte in Kindheit und früher Jugend für die spätere Krankheitsentwicklung bedeutsam sind. Welche anderen Faktoren zum Auftreten der MS beitragen, ist ungewiss. Die Krankheit kann jedoch heute im Frühstadium günstig beeinflusst werden. Weltweit sind schätzungsweise 2,8 Millionen Menschen an MS erkrankt.

Quelle: DMSG-Bundesverband e.V. - 03.12.2021

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