Eine aktuelle Auswertung aus dem MS-Register der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft, Bundesverband e.V. hat untersucht, welchen Einfluss Änderungen an den Empfehlungen zur Kontrastmittelgabe bei Magnetresonanztomographien (MRT) in der Praxis erzielten.
Anhand aktueller Daten aus dem MS-Register wurde bestimmt, wie oft Kontrastmittel in der MRT-Diagnostik bei Patienten mit Multipler Sklerose (MS) zum Einsatz kommen. Die MRT ist von entscheidender Bedeutung bei der Diagnosestellung und Verlaufskontrolle von Patienten mit MS. Dabei wird meist ein gadoliniumhaltiges Kontrastmittel intravenös verabreicht, um neue (bis ca. sechs Wochen alte) oder aktive Läsionen im Gehirn (kranial) oder Rückenmark (spinal) in der sogenannten T1-Wichtung sichtbar zu machen und diese auch ohne (adäquate) Vergleichs-MRT identifizieren zu können. Allerdings gibt es teilweise Bedenken bezüglich der Sicherheit von Kontrastmitteln, da sie sich im Körper anreichern und möglicherweise Nebenwirkungen verursachen könnten. Daher empfehlen aktuelle internationale Richtlinien aus dem Jahr 20211, die Gabe von Kontrastmitteln auf die Fälle zu beschränken, in denen sie einen Zusatznutzen bringen. Situationen, in denen die Kontrastmittel u. a. weiterhin angezeigt sind: MRT zur Diagnosesicherung der MS; MRTs, für die kein verwendbares Vergleichs-MRT vorliegt (beispielsweise weil die Art der vorherigen MRT sich zu sehr vom aktuellen unterscheidet). In der aktuellen Auswertung werden die Daten von MS-Patienten (NPwMS=9189) analysiert, die seit 2020 eine im MS-Register dokumentierte MRT-Untersuchung (NMRT=13.500) erhalten haben, um zu untersuchen, ob sich der Einsatz von Kontrastmitteln in der MRT bei MS-Patienten seit dieser neuen Empfehlung verringert hat.
Die Ergebnisse zeigen einen deutlichen Rückgang des Anteils der Kontrastmittelgabe bei kranialen und spinalen MRT-Untersuchungen in den Jahren 2020 bis 2023. Abbildung 1 zeigt den prozentualen Anteil der MRT-Untersuchungen mit Kontrastmittelgabe nach Art/Lokalisation der Untersuchung und Kalenderjahr. Es ist zu erkennen, dass der Anteil der kranialen MRT mit Kontrastmittelgabe von 60,8 Prozent im Kalenderjahr 2020 auf 35,2 Prozent im ersten Quartal 2023 gesunken ist, was annähernd einer Halbierung entspricht. Der Anteil der spinalen MRT mit Kontrastmittelgabe und bei MRT-Untersuchungen, bei denen beides untersucht wurde, ist im gleichen Zeitraum von 76,4 Prozent auf 56,7 Prozent gesunken.
Insgesamt zeigt die Auswertung der deutschen Registerdaten einen kontinuierlichen Trend zu einem geringeren Anteil von MRT-Untersuchungen, bei denen Kontrastmittel eingesetzt wurden. Der beobachtete Abfall ist bei den rein kranialen MRTs stärker ausgeprägt.
Als Limitation der Auswertung ist zu beachten, dass ein nicht unerheblicher Teil der Beobachtungszeit durch mögliche Einschränkungen seitens der Zentren hinsichtlich der Kontakte auf Grund der Sars-CoV-2 Pandemie als auch durch mögliche Zurückhaltung seitens der MS-Erkrankten aus Sorge vor einer Ansteckung beeinflusst sein können.
Literatur
1. Wattjes MP, Ciccarelli O, Reich DS, Banwell B, et al. (2021). 2021 MAGNIMS–CMSC–NAIMS consensus recommendations on the use of MRI in patients with multiple sclerosis. The Lancet Neurology 20:653–670. doi.org/10.1016/S1474-4422(21)00095-8 2. Koch MW, Mostert J, Greenfield J, Liu WQ, Metz L (2020). Gadolinium enhancement on cranial MRI in multiple sclerosis is age dependent. J Neurol. 2020;267(9):2619-2624. doi.org/10.1007/s00415- 020-09895-0
Quelle: MS Register, msfp, Juni 2023
Redaktion: DMSG-Bundesverband e.V. - 17.07.023